Sturmflut
Ein Abschied
Alle meine Freundinnen wohnen recht weit von mir entfernt. Am nächsten wohnt Freundin I., bei ihr sind es "nur" 60 Kilometer - eine Entfernung, die man auch noch relativ spontan mit Zug oder Auto bewältigen kann und nicht allerausführlichstens planen muss. Trotzdem finde ich es schon in ihrem Fall schade, dass so viel nach dem Terminkalender gehen muss. Ich vermisse sehr die Zeit, in der wir uns zum Mittagessen trafen oder zum Kaffee und Stunden um Stunden ungezwungen verquatschten.

Die Freundschaften aus meiner Studienzeit sind alle keine "mal kurz"-Freundschaften. Sie sind deswegen nicht weniger innig. Im Gegenteil, auch die Freundschaft zu S. erfuhr eine deutliche Belebung, seit wir bewusst mehr Zeit miteinander zu verbringen versuchen. S. ist mit 450 Kilometern die Entfernungs-Spitzenreiterin.

Schön war immer die freundschaftlich-unbefangene Beziehung zu meiner Schwägerin K., die etwas außerhalb unserer Stadt wohnt, und auch, wenn Spontaneität bei den drei Kindern nicht immer möglich war, habe ich unsere gemeinsamen Nachmittage sehr genossen. Mit ihr flog die Zeit.

Schwager und Schwägerin werden mit den Kindern wegziehen. Das heißt, auch uns werden künftig 180 Kilometer trennen. Ich verstehe sehr gut, dass sie es tun, denn ihre wirtschaftliche Lage war sehr unsicher, seit Schwagers Selbständigkeit gescheitert ist. Es ist gut, dass sie jetzt eine neue Perspektive haben, und ich freue mich für sie darüber. Dennoch werden sie mir alle fehlen. Es ist etwas anderes, die Nichten und Neffen nur noch ein paar Mal im Jahr sehen zu können, und es ist etwas anderes, in Zukunft allein Ausflüge zum Bummeln in die Niederlande zu unternehmen - etwas, das ich immer sehr gern gemeinsam mit K. tat und bei dem sie mir besonders fehlen wird. Fehlen werden mir auch unsere Sofagespräche und gemeinsamen kreativen Pläne. K. wird mir fehlen, ganz einfach.

Ich möchte ihr und den Kindern gern irgend etwas mitgeben, etwas, das ihnen den Anfang anderswo erleichtern wird und ihnen zugleich sagt, dass sie fehlen werden. Der Gatte und ich werden noch einmal einen Ausflug mit der Schwägerfamilie machen, bei dem auch die Kinder auf ihre Kosten kommen sollen.

Ich bin traurig. Ich hätte nicht gedacht, wie sehr.