Sturmflut
Rosetta, sind wir schon da?
Es dauert nicht mehr lang. Am 12. November wird die europäische Raumsonde Rosetta - vorausgesetzt, alles klappt wie geplant - ihren Lander Philae auf dem Kometen Churyumov-Gerasimenko absetzen. Ich bin gespannt, neugierig und ungeheuer bewegt zugleich.



In Sachen Raumfahrt werden immer wieder Unkenrufe laut, man möge doch das Geld besser in die Hand nehmen, um sich Problemen auf der Erde zu widmen. Die Rosetta-Mission kostet rund eine Milliarde Euro. Zum Vergleich: Herr Schäuble will in den nächsten Jahren zehn Milliarden für wirtschaftliche Investitionen bereitstellen. Die USA haben im vergangenen Jahr 483 Milliarden Euro allein für Rüstung ausgegeben. Ich bleibe dabei: Die Raumfahrt ist spannend und wichtig, und das Geld ist sinnvoll ausgegeben. (Anmerkung: Die ESA schreibt auf ihrer Homepage: "Für die Raumfahrtausgaben bezahlt jeder Bürger eines ESA-Mitgliedsstaates Steuergelder etwa in der Höhe eines Kinobesuchs." Verdammt großes Kino, würde ich sagen.)

Mich ereilt so etwas wie ein Gefühl von Stolz, wenn ich sehe, was die ESA und ihre europäischen Mitarbeiter gemeinsam auf die Beine gestellt haben. Gerade habe ich mir das letzte Pressebriefing angesehen. Mir klingen noch all die unterschiedlichen Akzente in den Ohren, die sich in die englisch gesprochenen Statements mischen, und allein dieser Umstand ist etwas, worauf man stolz sein kann. Menschen unterschiedlichster Nationen, Frauen und Männer, sind bereits so ungeheuer weit gekommen und haben geplant, durchdacht und ausprobiert, was vorher noch niemand getan hat.

Zehn Jahre ist Rosetta mit Philae schon unterwegs, um Churyumov-Gerasimenko zu erreichen. Sie flog in nur 250 Kilometer Höhe um den Mars herum und hat auch sonst unterwegs allerhand erlebt. Dann hat sie mehr als zwei, fast drei Jahre lang geschlafen. Im Januar hat man sie aufgeweckt, und als sie antwortete, war der Jubel im Kontrollzentrum unglaublich. Die Begeisterung der an dieser Mission beteiligten Menschen hat mich zu Tränen gerührt.

Deswegen werde ich gebannt verfolgen, was weiter mit Rosetta und dem kleinen Lander Philae passiert. Hoffentlich schafft er es, sich mit seinen drei Füßen am Kometen festzuhalten und die Nase in all die Dinge zu stecken, die zu erkunden er geschaffen wurde. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse und fasziniert von dem, was Menschen zusammen möglich machen. Das ist ein wirkliches Wunder.

Etwas von dieser Faszination vermittelt der Kurzfilm Ambition, der mir den einen oder anderen Schauer über den Rücken jagte.

Einer der an diesem Film Mitwirkenden sagte: "Obwohl ich mir damit jetzt selbst ein bisschen in den eigenen Fuß schieße - ich bin überrascht, dass man so etwas (wie diesen Film, Anm. d. Verf.) überhaupt braucht. Die Menschheit schickt eine Sonde ins Weltall, um einen Kometen einzuholen und auf ihm zu landen. Und wir brauchen einen großartigen Regisseur, einen Film und Schauspieler, um die Leute zu überzeugen, dass das interessant ist."

Es ist interessant. Es ist viel mehr als das. Ich möchte nicht pathetisch klingen, aber ich glaube, in der Rosetta-Mission drückt sich ein Stück weit aus, was uns als Menschen ausmacht. Das sind Aspekte, die meine Misanthropie mildern. Ein wacher Geist. Unbändige Neugier. Verstehenwollen. Der Wille, aller Rückschläge und Hindernisse zum Trotz ein Ziel zu erreichen. Der Mut, das Unmögliche zu denken. Und vor allem das Bestreben, das gemeinsam mit anderen zu tun. Das alles entschädigt mich etwas für den Mist, den Menschen zur Zeit und in der Vergangenheit auf diesem Planeten verzapfen.

Und es rührt mich. Genau wie diese Reihe kleiner, charmanter Filme über Rosetta und Philae, die der Unternehmung besondere Farbe verleihen und die ich deshalb zum Schluss nicht vorenthalten will: