Sturmflut
Donnerstag, 15. April 2010
Abschiedskarten.
Habe heute zwei Dutzend Abschiedskarten geschrieben.
An meine Eltern, an beide. Ich werde mich damit symbolisch von allerlei Gedanken verabschieden, die mir das Leben schwer machen.

Weil sie illusionär sind, weil sie mir schlecht tun, weil sie mich dominieren, weil sie nicht zu mir gehören.

Es ist ein Abschied von den Idealeltern, die sie nicht sind und von denjenigen ihrer Eigenschaften, die ich nicht in meinem Leben haben will. Von den Ansprüchen, die zuerst ihre waren und die ich dann verinnerlicht habe. Denn obwohl ich meine Eltern schon lange, lange Zeit nicht mehr gesehen habe, weil ich sie nicht ertrage, sind sie trotzdem noch präsent. Ich bin irgendwie nicht fertig mit dem Trauern, ich kriege meine Wünsche nicht losgelassen, trotz aller Vergeblichkeiten und Enttäuschungen, trotz der Verletzungen und dem Schmerz, den ich mit ihnen erleben musste.

Vielleicht hilft mir die Verbrennung dieser Postkarten. Es ist zwar etwas pathetisch, aber ich habe das Gefühl, ich brauche diesen symbolischen, manifesten Akt, um das Erlebte aus dem Bereich der Gedanken und Erinnerungen herauszuholen und mir und meiner Wahrnehmung endlich zu trauen. All den Überdruss herauszuschreiben und auf das Postkartenformat zu bannen war hilfreich. Das waren Trauerkarten, Kündigungen und Rausschmisse, Verabschiedungen und Scheidungsurteile. Nur recht und billig, wenn sich das alles schließlich in Rauch auflösen wird.

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