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Mittwoch, 10. April 2013
Die Sache mit dem Respekt
Am 10. Apr 2013 im Topic 'Deckschrubben'
Meine Kollegin hat zwei Gesichter. Mindestens. Mal ist sie der freundlichste Mensch der Welt (mit reichlich Knuddel-Bussi, was allein aber schon mit Vorsicht zu genießen ist), mal ist sie eine echte Kackbratze. Dann aber richtig. Mit ihrem Verhalten trägt sie - wage ich mal zu behaupten - nicht unwesentlich zum miesen Klima in unserem Betrieb bei.
Heute war sie auch wieder im Kackbratzen-Modus. Das Telefon des Gatten klingelte, der war aber gerade zu einer Besprechung im Hauptbüro. Wenn er nicht da ist, schaue ich, wer es ist, und wenn ich das Gefühl habe, ich könnte etwas Hilfreiches äußern, dann gehe ich dran. Der erste Satz der Kollegin fiel noch im Freundlich-Modus. Ob ich erkältet sei. Nö, nur Pollenallergie. Aber danke der Nachfrage.
Dann schaltete sie - zackbumm - die Freundlichkeit ab. Mit einem Mal sprach ich mit einem Menschen, der mich nicht zu Wort kommen ließ und mich behandelte wie ein Kleinkind. Es ging um ein Gestaltungsproblem in einer Internet-Präsentation. "So geht das gar nicht! Das wird nicht so gemacht!", motzte sie. Ich erklärte ihr, warum ich bei dieser speziellen Präsentation die Gestaltung so gemacht habe. "Wir sind an das Format gebunden", erklärte ich ihr, "und außerdem können wir nur mit dem Material arbeiten, das wir bekommen. Das war in diesem Fall äußerst dürftig." Ich schlug ihr vor, diesen Teil der Präsentation vom Netz zu nehmen, falls der Kunde das so haben wolle. Ohne darauf einzugehen, wiederholte sie im pampigen Ton: "Aber das ist jetzt nicht das erste Mal, das wir das Problem haben. Das wird so nicht gemacht!"
Dass sie das Problem mit einer anderen Abteilung, aber nicht mit mir hatte, unterschlug sie mal getrost. "Ich möchte Dir gern in der Sache weiterhelfen", sagte ich ihr. "Ich habe Dir erklärt, warum ich es so gemacht habe und warum es mit dem vorhandenen Material nur so geht. Aber ehrlich gesagt habe ich ein Problem mit Deinem Ton." Ach, der Ton! Ich solle mich doch nicht päpstlicher als der Papst geben, warf sie mir an den Kopf. "Gut", sagte ich, nachdem sie mich weiterhin nicht zu Wort kommen ließ, "so diskutiere ich mit Dir nicht weiter!" Und legte den Hörer auf. Ging mir einen Kaffee holen und ließ das Telefon klingeln.
Sie ließ sich vom Apparat eines Kollegen wieder auf meinen Platz durchstellen und entrüstete sich, das könne ich doch nicht machen, einfach so auflegen, man sei ja schließlich bei der Arbeit. "Das siehst Du doch, dass ich das kann!", gab ich zurück. Das sei respektlos von mir, beschwerte sie sich. Dann müsse sie mit mir nicht sprechen wie mit einem Kindergartenkind, sagte ich ihr, und mich in der Sache bitte zu Wort kommen lassen.
Tja. Madame Kackbratze und der Respekt. Mit dem hatte sie schon immer ein Problem. Vor allem damit, dass ihr alle anderen nicht genügend Respekt entgegenbrächten. Ich war drauf und dran, etwas zu sagen wie You get what you give, aber sie hätte vermutlich nicht einmal begriffen, was ich meinte. Von den Auszubildenden forderte sie einmal, gesiezt zu werden, obwohl sich alle im Betrieb duzen (lediglich der Chef wird gesiezt). Das sei schließlich eine Frage des Respekts, die Auszubildenden seien ihr gegenüber respektlos. Auch dem Gatten machte sie einmal den Vorwurf der Respektlosigkeit.
Dass man sich über Unfreundlichkeit beklagen kann, das kann ich verstehen. Im Grunde war mein Auflegen des Hörers auch nichts anderes als eine nonverbale Klage über ihre Unfreundlichkeit. Aber diese Kollegin hat eine Respektmangelneurose. Sie sieht sich nicht respektiert, glaubt aber aus irgendeinem für mich nicht nachvollziehbaren Grund, den Respekt aller verdient zu haben, zu jeder Zeit, in jeder Situation.
Es ist mir absolut unverständlich, wie jemand, der nicht einmal die einfachsten Grundregeln der Kommunikation beherrscht (zuhören, ausreden lassen), von anderen respektvolles Verhalten erwarten kann. Von Interesse an einer Problemlösung war in dem Moment des Telefonates für mich absolut nichts spürbar. Hier wurde der Druck vor meinen Füßen abgeladen, den sie mit sich herumtrug. Ich kann nichts dafür, dass sie denselben Ärger schon einmal mit einer anderen Abteilung gehabt hatte, ich kann auch nichts dafür, dass der Kunde sich bei ihr massiv beschwert hat. Trotzdem hat sie es an mir ausgelassen. Respekt zu erwarten, während man selbst unfreundlich und unfair mit anderen umgeht, das erscheint mir doch ein kleines bisschen viel verlangt.
Wann kann ich jemanden respektieren, und wann tue ich es nicht? Generell halte ich es für keine schlechte Idee, die Befindlichkeiten anderer zu respektieren und die Situation, in der sie sind, bei meiner Reaktion mit in Betracht zu ziehen. Ich habe gesehen, die Kackbratze stand unter Druck. Ich habe gesehen, da ist etwas schiefgelaufen. Ich habe auch gesehen, ich hatte an der problematischen Situation meinen Anteil. Schritte man nun gemeinsam fort zur Problemlösung, dann wäre der ganze Kommunikationsvorgang vermutlich unter Wahrung des gegenseitigen Respekts vor sich gegangen.
Respekt für den anderen und seine Befindlichkeiten bedeutet für mich aber nicht, dass ich mir jeden Tonfall kritiklos gefallen lassen muss und mich zu ihrem Boxsack machen lasse. Respekt bedeutet nicht, dass ich im Vorfeld eines Gespräches mit ihr denke: Oh, da ruft Madame Kackbratze an, da muss ich netter sein als bei allen anderen, egal, wie sie sich verhält! Respekt gibt es in meinen Augen ohnehin nur für und nicht vor.
Die Kackbratze hätte aber am liebsten Respekt vor ihrer Person. Woher sie diesen Anspruch nimmt, ist mir vollkommen schleierhaft. Vielleicht ist ihr zu Kopf gestiegen, dass der Chef sie mal nach Mallorca mitgenommen hat. Oder sie meint, die Menschen mit dem meisten Stress müssten am zuvorkommensten behandelt werden (wobei dann im Grunde jeder in dem Laden ein solches Anspruchsdenken in Sachen Respekt hegen könnte, weil jeder von sich glaubt, den meisten Stress zu haben).
Je weniger sie meint, den ihr zustehenden Respekt zu erhalten, desto patziger und zickiger wird sie. Was dann aber leider auch nicht den gewünschten Respekt bringt.
Meinen Respekt würde ich ihr schenken, wenn ich sie als aufrichtige, authentische und möglicherweise sogar natürliche Autorität ausstrahlende Person wahrnehmen würde. Wenn sie das, was sie weiß, auf nützliche und fundierte Art und Weise zum Einsatz brächte. Wenn sie sich in Problemlösungen einbrächte und Interesse zeigte. Es gibt so Leute. Die wirken von sich aus so geerdet und zuhause in ihrem Tun, dass man sie grundsätzlich ernst nimmt.
Statt dessen trifft man sie vor der Tür an mit einem Kaffeebecher in der einen Hand und der Zigarette in der anderen und erhält als Erklärung für einen noch nicht erfolgten Rückruf ein lapidares: "Ich hatte so viel Stress!" Statt dessen hört man von ihr allenthalben: "Ich habe auch noch anderes zu tun, als mich darum zu kümmern!" Statt dessen beantwortet sie sachliche und fachliche Fragen mit einem spürbaren Widerwillen. Statt dessen ist es bei ihr extrem tagesformabhängig, ob man angemotzt, angemuffelt oder angegrinst wird. Statt dessen ist sie faul, verschiebt Verantwortungen und macht aus ihrer Laune keinen Hehl. Wo bitte soll man da den Respekt hernehmen? Ich zumindest tue mich damit schwer.
Alles, was ich Dir schenken kann, liebe Kackbratze, ist mein Pflichtgefühl und eine Kooperationsbereitschaft, die aus der Erkenntnis erwächst, dass Zusammenarbeit nun einmal vonnöten ist, wenn man weiterkommen möchte. Deinen Respekt, den kannst Du Dir dort hin schieben, wo die Sonne niemals scheint.
Heute war sie auch wieder im Kackbratzen-Modus. Das Telefon des Gatten klingelte, der war aber gerade zu einer Besprechung im Hauptbüro. Wenn er nicht da ist, schaue ich, wer es ist, und wenn ich das Gefühl habe, ich könnte etwas Hilfreiches äußern, dann gehe ich dran. Der erste Satz der Kollegin fiel noch im Freundlich-Modus. Ob ich erkältet sei. Nö, nur Pollenallergie. Aber danke der Nachfrage.
Dann schaltete sie - zackbumm - die Freundlichkeit ab. Mit einem Mal sprach ich mit einem Menschen, der mich nicht zu Wort kommen ließ und mich behandelte wie ein Kleinkind. Es ging um ein Gestaltungsproblem in einer Internet-Präsentation. "So geht das gar nicht! Das wird nicht so gemacht!", motzte sie. Ich erklärte ihr, warum ich bei dieser speziellen Präsentation die Gestaltung so gemacht habe. "Wir sind an das Format gebunden", erklärte ich ihr, "und außerdem können wir nur mit dem Material arbeiten, das wir bekommen. Das war in diesem Fall äußerst dürftig." Ich schlug ihr vor, diesen Teil der Präsentation vom Netz zu nehmen, falls der Kunde das so haben wolle. Ohne darauf einzugehen, wiederholte sie im pampigen Ton: "Aber das ist jetzt nicht das erste Mal, das wir das Problem haben. Das wird so nicht gemacht!"
Dass sie das Problem mit einer anderen Abteilung, aber nicht mit mir hatte, unterschlug sie mal getrost. "Ich möchte Dir gern in der Sache weiterhelfen", sagte ich ihr. "Ich habe Dir erklärt, warum ich es so gemacht habe und warum es mit dem vorhandenen Material nur so geht. Aber ehrlich gesagt habe ich ein Problem mit Deinem Ton." Ach, der Ton! Ich solle mich doch nicht päpstlicher als der Papst geben, warf sie mir an den Kopf. "Gut", sagte ich, nachdem sie mich weiterhin nicht zu Wort kommen ließ, "so diskutiere ich mit Dir nicht weiter!" Und legte den Hörer auf. Ging mir einen Kaffee holen und ließ das Telefon klingeln.
Sie ließ sich vom Apparat eines Kollegen wieder auf meinen Platz durchstellen und entrüstete sich, das könne ich doch nicht machen, einfach so auflegen, man sei ja schließlich bei der Arbeit. "Das siehst Du doch, dass ich das kann!", gab ich zurück. Das sei respektlos von mir, beschwerte sie sich. Dann müsse sie mit mir nicht sprechen wie mit einem Kindergartenkind, sagte ich ihr, und mich in der Sache bitte zu Wort kommen lassen.
Tja. Madame Kackbratze und der Respekt. Mit dem hatte sie schon immer ein Problem. Vor allem damit, dass ihr alle anderen nicht genügend Respekt entgegenbrächten. Ich war drauf und dran, etwas zu sagen wie You get what you give, aber sie hätte vermutlich nicht einmal begriffen, was ich meinte. Von den Auszubildenden forderte sie einmal, gesiezt zu werden, obwohl sich alle im Betrieb duzen (lediglich der Chef wird gesiezt). Das sei schließlich eine Frage des Respekts, die Auszubildenden seien ihr gegenüber respektlos. Auch dem Gatten machte sie einmal den Vorwurf der Respektlosigkeit.
Dass man sich über Unfreundlichkeit beklagen kann, das kann ich verstehen. Im Grunde war mein Auflegen des Hörers auch nichts anderes als eine nonverbale Klage über ihre Unfreundlichkeit. Aber diese Kollegin hat eine Respektmangelneurose. Sie sieht sich nicht respektiert, glaubt aber aus irgendeinem für mich nicht nachvollziehbaren Grund, den Respekt aller verdient zu haben, zu jeder Zeit, in jeder Situation.
Es ist mir absolut unverständlich, wie jemand, der nicht einmal die einfachsten Grundregeln der Kommunikation beherrscht (zuhören, ausreden lassen), von anderen respektvolles Verhalten erwarten kann. Von Interesse an einer Problemlösung war in dem Moment des Telefonates für mich absolut nichts spürbar. Hier wurde der Druck vor meinen Füßen abgeladen, den sie mit sich herumtrug. Ich kann nichts dafür, dass sie denselben Ärger schon einmal mit einer anderen Abteilung gehabt hatte, ich kann auch nichts dafür, dass der Kunde sich bei ihr massiv beschwert hat. Trotzdem hat sie es an mir ausgelassen. Respekt zu erwarten, während man selbst unfreundlich und unfair mit anderen umgeht, das erscheint mir doch ein kleines bisschen viel verlangt.
Wann kann ich jemanden respektieren, und wann tue ich es nicht? Generell halte ich es für keine schlechte Idee, die Befindlichkeiten anderer zu respektieren und die Situation, in der sie sind, bei meiner Reaktion mit in Betracht zu ziehen. Ich habe gesehen, die Kackbratze stand unter Druck. Ich habe gesehen, da ist etwas schiefgelaufen. Ich habe auch gesehen, ich hatte an der problematischen Situation meinen Anteil. Schritte man nun gemeinsam fort zur Problemlösung, dann wäre der ganze Kommunikationsvorgang vermutlich unter Wahrung des gegenseitigen Respekts vor sich gegangen.
Respekt für den anderen und seine Befindlichkeiten bedeutet für mich aber nicht, dass ich mir jeden Tonfall kritiklos gefallen lassen muss und mich zu ihrem Boxsack machen lasse. Respekt bedeutet nicht, dass ich im Vorfeld eines Gespräches mit ihr denke: Oh, da ruft Madame Kackbratze an, da muss ich netter sein als bei allen anderen, egal, wie sie sich verhält! Respekt gibt es in meinen Augen ohnehin nur für und nicht vor.
Die Kackbratze hätte aber am liebsten Respekt vor ihrer Person. Woher sie diesen Anspruch nimmt, ist mir vollkommen schleierhaft. Vielleicht ist ihr zu Kopf gestiegen, dass der Chef sie mal nach Mallorca mitgenommen hat. Oder sie meint, die Menschen mit dem meisten Stress müssten am zuvorkommensten behandelt werden (wobei dann im Grunde jeder in dem Laden ein solches Anspruchsdenken in Sachen Respekt hegen könnte, weil jeder von sich glaubt, den meisten Stress zu haben).
Je weniger sie meint, den ihr zustehenden Respekt zu erhalten, desto patziger und zickiger wird sie. Was dann aber leider auch nicht den gewünschten Respekt bringt.
Meinen Respekt würde ich ihr schenken, wenn ich sie als aufrichtige, authentische und möglicherweise sogar natürliche Autorität ausstrahlende Person wahrnehmen würde. Wenn sie das, was sie weiß, auf nützliche und fundierte Art und Weise zum Einsatz brächte. Wenn sie sich in Problemlösungen einbrächte und Interesse zeigte. Es gibt so Leute. Die wirken von sich aus so geerdet und zuhause in ihrem Tun, dass man sie grundsätzlich ernst nimmt.
Statt dessen trifft man sie vor der Tür an mit einem Kaffeebecher in der einen Hand und der Zigarette in der anderen und erhält als Erklärung für einen noch nicht erfolgten Rückruf ein lapidares: "Ich hatte so viel Stress!" Statt dessen hört man von ihr allenthalben: "Ich habe auch noch anderes zu tun, als mich darum zu kümmern!" Statt dessen beantwortet sie sachliche und fachliche Fragen mit einem spürbaren Widerwillen. Statt dessen ist es bei ihr extrem tagesformabhängig, ob man angemotzt, angemuffelt oder angegrinst wird. Statt dessen ist sie faul, verschiebt Verantwortungen und macht aus ihrer Laune keinen Hehl. Wo bitte soll man da den Respekt hernehmen? Ich zumindest tue mich damit schwer.
Alles, was ich Dir schenken kann, liebe Kackbratze, ist mein Pflichtgefühl und eine Kooperationsbereitschaft, die aus der Erkenntnis erwächst, dass Zusammenarbeit nun einmal vonnöten ist, wenn man weiterkommen möchte. Deinen Respekt, den kannst Du Dir dort hin schieben, wo die Sonne niemals scheint.
... früher