Allgegenwärtig
Am 24. Nov 2012 im Topic 'Deckschrubben'
Vorgestern habe ich wieder einmal Freundin I. besucht. Das bringt eine pro Strecke etwa halbstündige Zugfahrt mit sich.
Ich entdeckte, dass die Wirtschaft - genauer: Deutschlands intelligenteste Tageszeitung - das Medium Nahverkehrszug als Werbefläche für sich entdeckt hat. Nicht großflächig. (Es genügt an sich auch schon, dass Stadt- und sonstige Busse mit halbdurchlässiger Folie quasi ganzkörperbeklebt sind, so dass kein vernünftiger Blick nach draußen möglich und der Bus als solcher kaum mehr zu erkennen ist. Das aber nur am Rande.) Nein, im Innenraum des Zuges hing an jedem verfügbaren Jackenhaken ein in Form eines "Bittenichtstören"-Hotel-Türschildes gestalteter Papierflyer, auf dem die "Bild" im für sie üblichen Penetrant-Rot ihr Werbeanliegen kundtat. Platt wie immer. Der neue Werbefeldzug wunderte mich zwar nicht. Aber er störte.
Sie nervt, diese ewige Konsumbotschaften-Inkontinenz, die alles vollsaut und nirgends mehr den Blick ins Nichts gestattet. Die Schildchen brachten sich mit jeder Schlagbewegung des Zuges auf den schlecht gewarteten Gleisen hin- und herschwankend von Neuem in mein Blickfeld und Bewusstsein, schwer zu ignorieren, da allgegenwärtig. BildBildBildBlöddirdeineMeinungTrittbrettleserBildBildBild.
Als ich da so sitze und versuche, an den Bild-Schildchen vorbeizuschauen, entfaltet sich vor meinem inneren Auge die Vision milden Revoluzzertums. Ich muss erst an der Endstation aussteigen, und dann ist der Zug meist ziemlich leer. Ich sehe mich an den Fensterreihen vorbeistreifen und wie beiläufig ein Schild nach dem anderen abpflücken. Sehe mich die Dinger mit einer schwungvollen Handbewegung in den Papierkorb auf dem Bahnsteig werfen und mit einem leichten Grinsen im Gesicht nach hause fahren. Ja! Auch, wenn morgen wieder nachgerüstet würde.
Bevor der Gedanke aber auch nur ansatzweise eine Chance erhält, das Erwachsenenalter zu erreichen, stirbt er einen jähen, gewaltsamen Tod.
Von der Decke des gesamten Zuges blicken mich schwarze, gläserne Augen finster an. Dieser Zug ist videoüberwacht. Meine grundsätzlich ohnehin eher zahmen Schandtaten gegen die Versuche der freien Wirtschaft, den Fahrgast zum Kauf eines albernen, aber offenbar für die Volksseele bedeutenden Schmierenblattes zu animieren, würden wenn nicht dokumentiert, so doch zumindest möglicherweise gesehen.
BildBildBildBlöddirdeineMeinungTrittbrettleserBildBildBild dreht mir eine lange Nase. Der Widerstand degeneriert angesichts des Beobachtetwerdens zu purer Feigheit, einem Luftballon ohne Knoten ähnlich, den man einfach loslässt. Auch das Geräusch in mir ist ähnlich.
Die Augen sind ebenso allgegenwärtig wie die Werbung. So züchtet man sich brave Bürger. Chapeau!
Ich entdeckte, dass die Wirtschaft - genauer: Deutschlands intelligenteste Tageszeitung - das Medium Nahverkehrszug als Werbefläche für sich entdeckt hat. Nicht großflächig. (Es genügt an sich auch schon, dass Stadt- und sonstige Busse mit halbdurchlässiger Folie quasi ganzkörperbeklebt sind, so dass kein vernünftiger Blick nach draußen möglich und der Bus als solcher kaum mehr zu erkennen ist. Das aber nur am Rande.) Nein, im Innenraum des Zuges hing an jedem verfügbaren Jackenhaken ein in Form eines "Bittenichtstören"-Hotel-Türschildes gestalteter Papierflyer, auf dem die "Bild" im für sie üblichen Penetrant-Rot ihr Werbeanliegen kundtat. Platt wie immer. Der neue Werbefeldzug wunderte mich zwar nicht. Aber er störte.
Sie nervt, diese ewige Konsumbotschaften-Inkontinenz, die alles vollsaut und nirgends mehr den Blick ins Nichts gestattet. Die Schildchen brachten sich mit jeder Schlagbewegung des Zuges auf den schlecht gewarteten Gleisen hin- und herschwankend von Neuem in mein Blickfeld und Bewusstsein, schwer zu ignorieren, da allgegenwärtig. BildBildBildBlöddirdeineMeinungTrittbrettleserBildBildBild.
Als ich da so sitze und versuche, an den Bild-Schildchen vorbeizuschauen, entfaltet sich vor meinem inneren Auge die Vision milden Revoluzzertums. Ich muss erst an der Endstation aussteigen, und dann ist der Zug meist ziemlich leer. Ich sehe mich an den Fensterreihen vorbeistreifen und wie beiläufig ein Schild nach dem anderen abpflücken. Sehe mich die Dinger mit einer schwungvollen Handbewegung in den Papierkorb auf dem Bahnsteig werfen und mit einem leichten Grinsen im Gesicht nach hause fahren. Ja! Auch, wenn morgen wieder nachgerüstet würde.
Bevor der Gedanke aber auch nur ansatzweise eine Chance erhält, das Erwachsenenalter zu erreichen, stirbt er einen jähen, gewaltsamen Tod.
Von der Decke des gesamten Zuges blicken mich schwarze, gläserne Augen finster an. Dieser Zug ist videoüberwacht. Meine grundsätzlich ohnehin eher zahmen Schandtaten gegen die Versuche der freien Wirtschaft, den Fahrgast zum Kauf eines albernen, aber offenbar für die Volksseele bedeutenden Schmierenblattes zu animieren, würden wenn nicht dokumentiert, so doch zumindest möglicherweise gesehen.
BildBildBildBlöddirdeineMeinungTrittbrettleserBildBildBild dreht mir eine lange Nase. Der Widerstand degeneriert angesichts des Beobachtetwerdens zu purer Feigheit, einem Luftballon ohne Knoten ähnlich, den man einfach loslässt. Auch das Geräusch in mir ist ähnlich.
Die Augen sind ebenso allgegenwärtig wie die Werbung. So züchtet man sich brave Bürger. Chapeau!