Sturmflut
Donnerstag, 23. April 2015
Vom Essen
Es scheint genau zwei Arten zu geben, über Essen zu bloggen. Entweder in Food-Styling-Manier - was im Endeffekt nichts anderes bedeutet, als dass man aufwändig kocht, das Resultat in Szene setzt und nachher mit Handy oder Kamera so lange um das Essen herumtanzt, bis es kalt geworden ist. Oder im ständigen Hinblick auf die Sorgen, die einem das Essen bereitet. Was man isst, könnte ungesund sein oder zu viele Kalorien haben. Oder beides.

Ich finde, wir haben ein verschrobenes Verhältnis zum Essen. Zu sagen, dass man gern isst, kommt schon beinahe Blasphemie gleich. Besser nimmt man sich in acht, denn die Antwort darauf könnte lauten: "Das sieht man!"

Ich erinnere mich lebendig an einen Besuch bei meiner Ärztin, die nach einem Rundum-Check-up einen erhöhten Spiegel "bösen" Cholesterins bei mir feststellte und mich gleich darauf fragte: "Essen Sie gern deftig?" In Anbetracht der Tatsache, dass ich die Woche zuvor Sauerkraut, Kartoffelpüree und eine schöne Scheibe Kasseler auf meinem Teller hatte, antwortete ich wahrheitsgemäß. Ich weiß heute, dass der erhöhte Cholesterinspiegel andere Ursachen hatte. Aber es steckt so fest in den Köpfen: Gut und gern essen ist auf jeden Fall schädlich.

Ich gebe unumwunden zu: Ich mag Rahmjoghurt und würde nicht im Traum daran denken, dieses labberige Zeug mit 0,5 Prozent Fett zu kaufen. Ich mag geschmolzenen Käse. Ich mag Frikadelle zu Pommes. Und während ich das schreibe, habe ich das Gefühl, hinzufügen zu sollen: Mein Körpergewicht und BMI sind völlig normal. Nur mal ehrlich, wieso dieser Rechtfertigungsdruck?

Wenn meine zierliche und beinahe schon drahtige Cousine mir bei einem Treffen im Bistro erzählt, sie könne sich kaum erlauben, zu sündigen, weil sich immer alles sofort räche, dann schwant mir, dass etwas nicht stimmt. Essen ist ein Thema. Nicht nur meine Cousine zerbricht sich den Kopf darüber. Manche haben es ganz schwer und kasteien sich wegen jedes Knäckebrots, und andere überlegen sich, ob sie lieber Paleo- oder Kohlsuppendiät machen sollen. Nur unbefangen isst irgendwie kaum noch jemand.

Ohne das herablassend zu meinen: Ich habe kein Problem mit dem Essen. Und das finde ich schön. Wenn ich koche, dann kommt sehr selten etwas dabei heraus, das es lohnen würde, abgelichtet zu werden. Inszenierungen sind überflüssig. Aber zelebrieren, das kann ich. Mich freut, wie Dinge schmecken. Mich freut, wie sich die Gänsehaut anfühlt, wenn ich merke, wie die Energie dessen, was ich gegessen habe, in mein Blut übergeht. Diese Erfahrungen sind zu schade, um durch ein schlechtes Gewissen zerstört zu werden. Kalte Kalkulationen über Brennwert und Zusammensetzung würden mir den Spaß verderben. Das tue ich mir nicht an.

Aber ich bin auch ein robuster Esser. Ich brauche keine Spitzfindigkeiten an edler Soße, ein frisches Stück Brot tut es auch. Andererseits kann ich Junkfood nicht ausstehen. Dieses Zeug, das uns zum Fressen bringt, Presshuhn in Panade mit einer Prise Glutamat. Vom allgegenwärtigen Fruktose-Glukosesirup kriege ich Blähungen.

Essen ist so ein Thema zwischen Maßlosigkeit und Zwang, ein extremes Thema. Ich habe meine Gründe, dass ich wenig darüber schreibe. Essen ist irgendwie auch Gegenwart. Du genießt es, oder Du tust es einfach. Aber zuviel Heckmeck tut dem Essen nicht gut. Es ist viel leichter, "Hmmmm, lecker!" zu sagen als über Röstaromen zu schwadronieren. Belassen wir's dabei.

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Freitag, 27. März 2015
Was ist mir schlecht!
Ich wollte es eigentlich vermeiden, irgendwas zum Flug 4U9525 zu schreiben. Über Trauer und Schmerz gäbe es vielleicht einiges zu sagen, aber ich empfinde es als Heuchelei. Denn so tragisch, wie der Absturz des Flugzeuges ist, betrifft mich das nicht persönlich. Vorstellen kann ich es mir ohnehin nicht, und ich möchte nicht krampfhaft meine Phantasie bemühen, um mir auszumalen, wie es wohl gewesen wäre, hätten meine besten Freunde in dieser Maschine gesessen. Wozu soll das gut sein? Allenfalls leise und ungeplant kann einem der Schrecken über das Geschehene ab und an in die Knochen kriechen. Ich bleibe Zuschauerin.

Was mich dennoch dazu bringt, 4U9525 hier zum Thema zu machen, ist das Verhalten der Medien und der Öffentlichkeit. Es war mir klar, dass ich mich aufregen würde, und das bereits ab dem Moment, als ich von dem Absturz erfuhr. Ich dachte nur, ich könnte den Ärger darüber ignorieren. Weit gefehlt.

"Noch wissen wir über die knappen Daten des Fluges hinaus nicht viel, und jede Spekulation über die Ursache des Absturzes verbietet sich." - dieser Satz aus dem Munde nicht meiner Bundeskanzlerin gehörte zu den ersten öffentlichen Reaktionen, die mir zu Ohren kamen. Sie bildete den Auftakt der Dinge, die gesagt wurden, obwohl sie nicht gesagt wurden. Denn das unausgesprochene Terrorismus zwischen diesen Zeilen war definitiv ein Schlag mit der Keule. Frau Bundeskanzlerin gab damit die Richtung für eventuelle Spekulationen deutlichst vor. Herr de Maizière schloss sich dieser Richtung auch noch einmal beflissen an. Ozeanien ist nicht im Krieg mit Eurasien. Wir spekulieren nicht.

Das alles war, bevor (mehr oder weniger) klar wurde, was im Cockpit vor sich ging. Das unaussprechliche Wort lautet jetzt nicht mehr Terrorismus, es lautet Depression. Mein Geduldsfaden, der ohnehin schon sehr dünn war und noch dünner wurde, als ich hörte, dass sich der Lynchmob aufmache, der Familie des Co-Piloten auf die Pelle zu rücken (zwecks was, Rache?), riss jetzt entgültig.

Klar, die Bild-Zeitung nimmt kein Blatt vor den Mund und haut Schlagzeilen raus, was das Zeug hält. Ich soll ja auch nicht Bild lesen. Ich tat's trotzdem. Die Online-Präsenz wartet mit einem Foto des Co-Piloten auf, das ihn mit grimmiger Miene zeigt. Ein Photoshop-Künstler hat vermutlich noch ein bisschen den Kontrast aufgerissen, damit das Bild krasser wirkt. Das ganze Foto wird dann immerhin noch im "Artikel" selbst gezeigt, und sieh an, Andreas L. läuft bei einem Marathon (was das verzerrte Gesicht erklärt - ist ja auch anstrengend). Aber als Einstiegsfoto, entsprechend beschnitten und ohne Kontext, spricht das Bild der Bild eine deutliche Sprache: "Schaut her, so sieht es aus, Euer Monster der Woche!"

Dass sich die Bild-Zeitung nicht um Objektivität bemüht, weiß man als klar denkender Mensch natürlich. Nicht einmal Unterstellungen aber kann man ihr unterstellen, denn sie behauptet nicht, sie gibt sich investigativ und fragt ganz einfach. Bämm, bämm, bämm - in schönster Bild-Manier:

Welche Krankheit verheimlichte der Amok-Pilot?

War er wegen Psycho-Problemen in Behandlung?

Nahm er Medikamente?


Depressive* sind die neuen Terroristen. Das weiß man doch schon lange. Das sind die, denen ihr eigenes Leben nichts wert ist. Die sich auf Kosten anderer durchmogeln. Die sich und andere gefährden, ein verschobenes Bild von der Wirklichkeit haben und sich einen Dreck um andere scheren. Das sind die Idioten, die vor Züge treten, ohne an die armen Lokführer zu denken. Das sind die Gefährder unseres Seelenfriedens. Die Psychos, die außer Kontrolle zu geraten drohen.

Wie mich das alles ankotzt, mit Verlaub. Denn Medien wie die Bild machen es den Menschen leicht, pauschal einen Schuldigen zu finden. Sie machen es einfach, jemanden zu verurteilen und ein Feindbild zu zeichnen. Sie lassen Mitgefühl vergessen und lehren hassen. Bei den Depressiven wird's nicht bleiben, morgen sind es wieder die Muslime, übermorgen die Sozialschmarotzer und am Tag drauf dann bist es vielleicht Du.

Und bitte nicht vergessen: Wer suizidal ist, ist automatisch auch depressiv. Wer depressiv ist, wird früher oder später auch Suizid begehen. Wer irrational handelt, muss psychisch krank sein. Wer psychische Probleme hat, kommt mit seinem Leben nicht mehr klar. Er wird sich auch niemals erholen, sondern ist eine tickende Zeitbombe. Wer Medikamente nimmt, wird unter ihrem Einfluss etwas tun, das anderen schadet. Wer krank ist und sie nicht nimmt, erst recht. Wer psychisch krank ist, hat nie und nimmer ernsthaftes Interesse am Leben und seinen vielfältigen Aspekten - nein, er ist immer gleich besessen von etwas. Wenn er ein stiller Typ ist, ist er der Freak von nebenan. Wenn er ein lauter Typ ist, ist er krankhaft narzisstisch und giert nach Aufmerksamkeit.

Wie auch immer es kommt, es gibt für alles eine Erklärung. Euch wird der Schuldige präsentiert werden, der Mörder der Kinder Eurer Nachbarn siebzehn Häuser weiter. Die kranke Sau!

Wenn die Bilder der trauernden Angehörigen abgegriffen sein werden (und das werden sie schon bald, denn Blumensträuße und brennende Kerzen und Schilder mit der Aufschrift "Warum?" haben eine kurze Halbwertszeit), dann gibt es für das gierige Publikum nichts schöneres, befriedigenderes, als in der vermeintlichen Abartigkeit des mutmaßlichen (!) Täters zu schwelgen. Die Heugabel lehnt schon an der Wand, die Fackel braucht nur noch angezündet zu werden.

Diese Hetzjagden widern mich dermaßen an. Sie treten allen, die in dieser schrecklichen Geschichte leiden und gelitten haben, mit Schwung ins Gesicht.

Das einzige kluge Wort zu all dem habe ich irgendwann in den vergangenen Tagen von einem Was-auch-immer-Experten in einem Fernsehinterview gehört, der sinngemäß sagte: "Es muss dieser Tragödie in jedem Fall auch eine menschliche Tragödie anderer Art vorangegangen sein." Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

* Wahlweise eignen sich hier übrigens auch prima "die" Autisten.

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Freitag, 20. Februar 2015
Verpestete Luft
Falls ich im Büro sitze und mal nicht so ganz genau weiß, welcher Wochentag ist, reicht es, wenn ich meiner Kollegin M. zuhöre. An ihrer Stimmung lässt sich meistens ziemlich zuverlässig ablesen, ob es ein Montag ist und zehn Uhr vormittags oder ein Freitag, halb zwei. Ihre Stimmung steigt im Tages- und Wochenverlauf jeweils exponentiell. Das bedeutet nun aber nicht, dass sie am frühen Freitagnachmittag ein Ausbund an spritzigem Humor und ausgelassener Fröhlichkeit sein muss. Zurückgerechnet: Am frühen Montagmorgen ist sie meist nicht nur schlecht gelaunt, sondern eine ausgesprochene Gewitterziege.

Bei allem Verständnis, das ich für Menschen unter Druck und Stress aufbringe - irgendwann ist dann auch mal gut. Ich selbst bekomme den Segen selten ab. Aber die Mischung aus giftiger Besserwisserei, herablassender Zurechtweisung und selbstmitleidigem Gejammer, die M. an den Tag legt, ist einfach nur asozial.

Heute morgen musste M. heftig niesen. Gleich zweimal. Unfassbar.

"Hach," hauchte sie mit belegter Stimme, "ich habe mich bei euch angesteckt!" Und Bruchteile von Sekunden später, überhaupt nicht mehr belegt: "Wer krank ist, bleibt zuhause!"

Sowohl Kollegin E., bei der ich mich vermutlich angesteckt habe, als auch ich hatten nämlich auch nach längerer Krankschreibung nicht vermeiden können, ab und an doch noch mal zu husten, zu schniefen und uns die Nasen zu putzen.

Arbeitsstunden gingen ins Land, während derer M.s miese Laune im Büro hing wie eine giftige Wolke. Irgendwann beklagte sich Kollege H. halb im Scherz darüber, dass er immer alles allein machen müsse.

"Ach, weißt du," schoss es aus M. heraus, als habe sie nur auf's Stichwort gewartet, "iiich muss hier auch immer alles allein machen, wenn alle krank sind!"

Unter der Schicht meiner äußeren Ruhe kochte mein Blut. Scheiß-Selbstgefälligkeit.

Vielleicht hat sich ja ein kleiner Virus durch die Luft schwebend zu ihr hin verirrt und beschert ihr ein Wochenende mit Schüttelfrost und Husterei. Das würde mich für das Herumgegifte etwas entschädigen. Keine Nächstenliebe heute von meiner Seite.

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Montag, 2. Februar 2015
Mal in den Spiegel geschaut, Monsieur?
"Er habe die Teilnehmerinnen an den Ausschweifungen jedoch stets für Partnerinnen oder Ehefrauen seiner Freunde gehalten."

Kreative Erklärung. Kann man tatsächlich so größenwahnsinnig sein, derart überzeugt an die eigene Unwiderstehlichkeit zu glauben wie dieser nette Herr? Ich kann's mir kaum vorstellen, und doch... Manchem geht der Sinn für Realität gern mal flöten, wenn er sich zu lang hoch oben in dünner Luft aufhält.

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Freitag, 9. Januar 2015
Je suis...
... très triste.

In erster Linie bin ich trieftraurig über das, was in den letzten Tagen in Frankreich geschehen ist und noch geschieht.

Darüber hinaus fühle ich heftige Abscheu. Der Gedanke ist schwer erträglich, dass Menschen einfach hingehen, ihre Waffen auf andere richten und Leben auslöschen. Die Fassungslosigkeit und das blanke Entsetzen haben mich bis jetzt nicht wieder losgelassen. Die ungeschnittenen Videos der Ereignisse im Netz habe ich mir nicht einmal angesehen. Das Ausmaß an Schmerz und Hass überfordert mein Vermögen.

Das sind meine Gefühle zu dem fürchterlichen Attentat und den noch laufenden Geiselnahmen. Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich deswegen jetzt auch "Charlie" bin. Ich fühle mich betroffen, ja. So geht es mir bei vielen Nachrichten dieser Tage.

Weitere Schlussfolgerungen sind eher eine Standpunktfrage, auch wenn die Gefühle einen hohen Stellenwert einnehmen.

Was ich bislang aus dem Magazin "Charlie Hebdo" gesehen habe, hat mich weder vollkommen begeistert noch irgendwie abgestoßen. Ich finde es gut, dass auch die katholische Kirche mit ihren Klagen gegen das Blatt bislang nicht durchkam und dass es also in Frankreich erlaubt ist, sich über Religion lustig zu machen. Das sollte es auch. Es sollte generell erlaubt sein, sich lustig zu machen.

Der Anschlag auf die Mitarbeiter von "Charlie Hebdo" ist eine fatale Überreaktion auf eine spitze Feder. Jemanden zu töten, weil er sich über etwas oder jemanden lustig gemacht hat, zeugt von Überempfindlichkeit und Schwäche, nicht von Stärke. Später gingen die Menschen in Paris auf die Straße und hielten Stifte als Symbol in ihren Händen und ihre Ausweise. "Schau her, ich bin hier, und du kannst sehen, wer ich bin. Ich habe keine Angst." Eine absolut bewundernswerte Haltung, wie ich finde.

Wie immer nach Geschehnissen von großer Tragweite und Tragik häufen sich dann irgendwann die Statements.

"Es ist mir beinahe peinlich, wie schnell eine markante Wortmarke zur Hand ist, die nun wie ein Wimpel zur Fußball-WM vertausendfacht im Wind steht." schreibt akrabke in ihrem Blog.

Ja, da ist was dran. Und ehrlich: Seit unser werter Herr Bundespräsident Gauck heute sagte, wir seien "Charlie", möchte man als denkender Mensch ja kaum noch guten Gewissens "Charlie" sein, ganz ungeachtet der Umstände. Hineingezerrt in die plüschig-sittsame, leicht gestrige Welt unseres Staatsoberhauptes verliert der Ausspruch "Je suis Charlie" schlagartig an Bedeutungsschwere und sortiert sich artig zwischen "Freiheit" und "Freiheit" in den bundespräsidialen Wortschatz.

Es wird ja jetzt auch sehr viel über Presse- und Meinungsfreiheit gesprochen. Zu Recht, wie ich finde. Sich von gekränkten Gottgläubigen nicht das Wort verbieten lassen zu müssen, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Freiheit. Es gibt Menschen, die diese Freiheit nicht respektieren wollen. Aber die Mitarbeiter von "Charlie Hebdo" haben durch ihre Haltung bewiesen, dass Terroristen nicht wirklich in der Lage sind, Freiheit zu nehmen. Leben dagegen sehr wohl.

Dass jemand - gleich welcher Religion oder Gesinnung - kommen und mich mit einem Kopfschuss oder einer Bombe töten wird, gehört nicht zu meinen vorrangigen Befürchtungen.

Meine Freiheit wird durch andere beschnitten werden. Es wird meine eigene Regierung sein, die mein Reden und Handeln zunehmend kontrollieren wird. Sie wird es tun unter dem Vorwand, mich vor den Brandstiftern schützen zu wollen und nur zu meinem Besten zu handeln. Sie wird meine Angst vor Fanatikern und Terroristen schüren, um noch mehr Überwachung rechtfertigen zu können.

Dagegen werde ich aufbegehren. Die Augen offenhalten, das Maul aufmachen, denken und protestieren - ein Recht auf Freiheit, das ich mir nicht nehmen lassen werde.

Deswegen:

Je suis Charlie!

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Freitag, 2. Januar 2015
Müssen wir reden...? Nö!
Ich habe einen Fehler gemacht. Das kommt natürlich ab und an mal vor, und besonders gern im Internet, da man ja nur das geschriebene Wort als Anhaltspunkt hat und seinem Gegenüber nicht in die Augen schauen kann. Die Netzwelt ist voller Missverständnisse.

Das Missverständnis, dem ich gestern aufgesessen bin, ist eigentlich ein relativ schlichtes: Ich ging davon aus, dass in einem meiner Kommentarstränge tatsächlich diskutiert werden wollte. Das war nicht der Fall.

Ziemlich zuverlässig weckt es die Aufmerksamkeit eines bestimmten Kommentatorentyps, wenn ich über eine diskriminierte Minderheit schreibe. In diesem Fall ging es um Homosexualität und den Umgang mit dem (gefühlt) Andersartigen im Alltag, und das funktioniert formidabel als Aufhänger. Ich bin nämlich jemand, der sich prinzipiell für die Akzeptanz des "Andersartigen" ausspricht. In diesem Fall ist da aber ein Haken dran.

Zu besagtem Beitrag fanden sich recht schnell verschiedene Stimmen. Es würde zu weit führen, haarklein wiederzugeben, was genau in den Kommentaren stand. So viel sei nur gesagt: Ich war nicht mit jedem Kommentator einer Meinung. Das kann passieren und ist für mich ausdrücklich kein Grund, Kommentare zu löschen oder ihre Verfasser in irgendeiner Weise zu beleidigen oder anzugreifen. Es ist aber ein Grund, mal genauer nachzufragen. Woher kommt diese Meinung? Gibt es dafür tatsächlich Anhaltspunkte und wenn ja, welche? Das funktioniert auch, so lange man sich im Rahmen einer Diskussion zu einem Thema befindet.

Es gibt aber Menschen, die grundsätzlich gar kein Interesse an der Vertiefung und sachlichen Auseinandersetzung über ein Thema haben. Da passiert dann Folgendes: Sie werfen eine Behauptung in den Raum, aber anstatt diese im weiteren Verlauf der Diskussion zu belegen, zu widerrufen oder durchzudiskutieren, leiten sie vom eigentlichen Thema fort.

Ziemlich zügig werden Nebenkriegsschauplätze eröffnet. Es wird dann recht schnell persönlich, ohne wirklich persönlich zu werden. Man kann das durchaus neidlos als hohe Kunst bezeichnen. Zwischen den Zeilen wird viel gesagt, direkt ins Gesicht aber beinahe gar nichts. Wer so seidenweich kommentiert, hat mit Sicherheit ein gewisses Maß an Übung oder zumindest an Gewohnheit (möglicherweise sogar, ohne das selbst zu realisieren – es sitzt halt wie eine zweite Haut). Kernstück der Angelegenheit ist die Ablenkung. Es ist beinahe egal, was im Ursprungsbeitrag Thema war (aber wie schon erwähnt, Beiträge über Minderheiten oder (auch nur gefühlte) Benachteiligungen eignen sich besonders gut – dazu später mehr). Ehe man sich versieht, geht es nicht mehr um sachliche Inhalte, sondern um den Kommunikationsstil, um Intelligenz, um Positionierung und deren Rechtmäßigkeit.

Die Umlenkung eines Kommentarstranges in diese Richtung ist ein echtes Bravourstück. Wenn ich in einer Hinsicht mit mir hadere, dann wegen des Umstands, noch viel zu lange geglaubt zu haben, hier würde tatsächlich diskutiert. Andererseits – wie gesagt, manche praktizieren ein solches Kommentierverhalten bereits so lange, dass sie darin einige Übung erlangt haben und es schwer ist, zu begreifen, was eigentlich geschieht. Wird man sich klar darüber, beginnt ein neuer Akt des Dramas.

Es gab irgendwann einen Punkt, an dem ich mich fragte, wie es sein konnte, dass die vermeintliche Diskussion in eine ganz andere Richtung lief, als der Ursprungsbeitrag vermuten ließ. Ich spürte Unbehagen. Das kam bereits eher vor. Unbehagen ist etwas, das ich in meinem eigenen Blog nicht haben möchte.

Jetzt zurück zum Haken: Der Umstand, dass ich parteiisch über eine Minderheit schrieb, macht jede Kritik am nachfolgenden Kommentierverhalten anderer angreifbar. Die Kritisierten können nämlich jederzeit behaupten, mit ihrer speziellen Meinung und ihrem Stil ebenfalls einer Minderheit anzugehören und mir eine intolerante, engstirnige, gar diktatorische Haltung unterstellen, da ich ja nicht bereit bin, mich auf ihre Sichtweise einzulassen. Ich diskriminierte also selber.

So verwundert es mich auch überhaupt nicht, dass mir vorgeworfen wurde, ich zensierte oder erteilte Redeverbot. Es war bereits ziemlich später Abend, als ich beschloss, die betreffenden Kommentare zu löschen. Im Blog habe ich außerdem die Kommentarfunktion über Nacht abgeschaltet. Grund dafür war, dass ich keine Lust hatte, heute morgen gleich wieder aufräumen zu müssen. Ich kann mir vorstellen, dass es Leute gibt, die sich in der Rolle der unbequemen Wahrheitsliebenden gefallen. Denen wird das ein "Hab' ich's doch gewusst!" entlockt haben. Mein Löschen der Kommentare dient damit als klarer, auch noch von mir selbst erbrachter Beweis für meine Scheuklappen, meine Engstirnigkeit und mangelnde Akzeptanz. Dort schließt sich der Kreis. Applaus, Applaus.

So eine Bloggerin bin ich also? Eine, die nur dann mit Begeisterung diskutiert, wenn der Kreis der treuen Claqueure um sie herum in dieselbe Richtung schaut wie sie, ihr beipflichtet, ihr Ego streichelt? Eine, die Abweichler nicht erträgt und mit Kritik nicht umgehen kann? In schönen Farben gemalt, dieses Bild.

Aber leider unzutreffend.

Ich fragte mich irgendwann im Verlauf des gestrigen Abends, wie lang ich wohl noch bereit sein würde, mein eigenes ungutes Gefühl zu ignorieren und mir auf der Nase herumtanzen zu lassen. Und kam zu dem Schluss, dass irgendwann einmal das Maß voll ist. Denn die Diskussion war in Wahrheit gar keine, schon gar nicht war sie kontrovers, und die eigene Offenheit der Kommentatoren war lediglich zur Schau getragen. Ich bin kein Tanzbär, vielen Dank.

Die anschließende Verschnupftheit der Beteiligten über die Löschung der Kommentare ist eigentlich auch kein Wunder. Einer von ihnen spielt jetzt die beleidigte Leberwurst. Ich habe gar eine Frist erhalten bis zum morgigen Tag, sämtliche anderen Kommentare aus der Feder desjenigen aus meinem Blog zu entfernen. Also, wenn du nicht mehr spielst, will ich auch nicht mehr! Und einen Screenshot habe man auch gemacht, zur Dokumentation. Ohne jegliche Rückfrage hätte ich die Kommentare gelöscht. Fragen hätte ich sollen? Werter Herr, ich mag Ihre Art zu kommunizieren nicht, ist es recht, wenn ich Ihren Kommentar lösche? Ich geb's zu, das entlockt mir einen echten Lacher.

Ach, plötzlich so viele Empfindlichkeiten. Von denen war vorher so gar nichts zu spüren. Aber, so wurde mir mitgeteilt, man sei zu wohlwollenden Gesprächen im Gegensatz zu mir jederzeit bereit. Nun, wenn man schon vorher weiß, dass ich diese Bereitschaft nicht teile, wozu dann noch diese Mitteilung? Das mag sich jeder selbst denken.

Mein Blog ist mein Blog. Das bedeutet, es gelten auch meine Regeln. Eine Showbühne für die egomanischen Spitzfindigkeiten einzelner Selbstdarsteller ist es nicht. Das habe ich bereits einmal gesagt. Jeder kann nun aus der Tatsache, dass ich Kommentare gelöscht habe, seine eigenen Folgerungen ziehen. Das Urteil der Betreffenden über mich steht ohnehin schon fest. Schlaflose Nächte wird mir das nicht bereiten.

Das Netz ist ein Ort voller wundersamer Begegnungen. Ich empfinde es nicht als persönliches Manko oder gar als einen Charakterfehler, nicht jede dieser Begegnungen auch zu schätzen.

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Montag, 29. Dezember 2014
Wohltuend
Am Samstag waren wir mit unseren Freunden in der Sauna. Es gab einen Ruheraum mit Kamin, in dem ein gutes Dutzend Liegen in Einpersonenbett-Format standen. Eindeutiges Gebot in diesem Raum: Ruhe. Ausruhen. Schlaf.

Ich hatte eine ganze Weile vor mich hingedöst, als ein junger Mann die Liege neben mir belegte. Auch er döste eine Weile vor sich hin, als ein weiterer junger Mann neben seine Liege trat.

"Komm ins Bett!" flüsterte mein Nachbar.
"Nee, lass' mal!" flüsterte der Angesprochene mit einem Lächeln zurück.

Die Angestellte, die in regelmäßigen Abständen vorbeikam, um die Decken wieder zusammenzufalten und etwas Ordnung zu schaffen, trat herüber zu meinem Nachbarn und flüsterte:

"Hey, man darf die Liegen hier auch gern zu zweit benutzen!"

Was für eine Wohltat.

Ich bin so froh, dass es in diesem Land nicht nur "Als-Mann-und-Frau-schuf-Er-sie"- und "Igitt-das-ist-ja-unnatürlich"-Blockwarte gibt.

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Dienstag, 16. Dezember 2014
Das Bergsteiger-Kind
Heute nachmittag nach der Berufsschule traf ich mich mit dem Gatten im hiesigen Spielwarengeschäft, um Geschenke für die Kinder meiner Schwester zu besorgen. Ich war ein bisschen zu früh und schlenderte schon mal zwischen den Regalen hindurch, um zu sehen, ob etwas nettes für unsere Nichte dabei wäre. Für den Neffen waren schon zwei Lego-Straßenkreuzungen zurückgelegt.

Ich war entzückt vom geschlechtsgebundenen Angebot und verstand mal wieder nicht, wie man das Gender-Problem in Sachen Spielwaren ignorieren kann. Wir stehen jedes Mal wieder vor der Herausforderung, Spielsachen zu kaufen, die beiden Geschwistern Spaß machen und keines der Kinder auf irgendeine Verhaltensweise festlegt. Lillifee und Lego Friends fallen deswegen von vornherein unter den Tisch. (Nein, die Traute, dem fünfjährigen Neffen pinkifiziertes Spielzeug zu schenken, hatte ich bislang noch nicht. Kommt vielleicht aber noch.) Mit Blaulicht-Autos und Baggern bin ich irgendwie unverkrampfter.

Aber mich regte schon der Gedanke an unseren letzten Besuch in diesem Laden auf, als wir gefragt wurden, ob das Geschenk für einen Jungen oder ein Mädchen sei, damit man es in das passende Geschenkpapier wickeln könne. Es gibt also Jungs- und Mädchen-Geschenkpapier. Oder genauer: Das Mädchen-Geschenkpapier wäre für einen Jungen unschicklich gewesen. Andersherum ging noch.

Mir schwoll also schon wieder der Kamm, was auch nicht besser wurde, als ich in der Schreibwarenecke die Klebestifte entdeckte. Klebestifte. Mit Lillifee, schnörkeldekorierten Pferdeköpfen und bösen, zahnbewehrten T-Rexen. Klebestifte. Dreimal darf man raten, welche Variante für welches Geschlecht ist.

Nun, der Gatte und ich sind uns in dieser Sache sehr einig, und wir haben trotz aller Schwierigkeiten bislang konsequent verworfen, was uns zu sehr nach Rollenklischee roch. Zum Beispiel ein eigentlich schön gemachtes Malbuch, das sich als für Mädchen gedacht enttarnte, indem es eine ausmalbare Seite mit dem Titel "Dein Schminktisch" anbot. Nee, sorry! Nicht für eine Siebenjährige, und so klischeehaft schonmal gar nicht. Wie gesagt, vielleicht schaffe ich es ja, das Malbuch in vier Jahren dem Neffen zu schenken und mir die Reaktion meiner Schwester egal sein zu lassen. Für altersgerecht hielte ich besagten Schminktisch aber weder für ein siebenjähriges Mädchen noch für einen neunjährigen Jungen. Basta.

Das Ende vom Lied: Wir entschieden uns für ein Buch aus der recht schön gemachten "Wieso, weshalb, warum?"-Reihe, Titel "Wir entdecken die Berge". Die Idee hatte der Gatte, der sich erinnerte, dass meine Schwester mit ihrer Familie auch in diesem Jahr wieder in Südtirol im Urlaub war und das Buch also auch einen Teil des Erfahrungsschatzes meiner Nichte aufgreift. Wir brachten es also zur Kasse und fragten noch mal nach. Für im Herbst sieben Jahre gewordene Kinder geeignet?

"Ja," sagte die Verkäuferin, "wann genau wurde er jetzt noch mal eingeschult?"

Automatisch war das Kind ein "er". Sie war glaube ich etwas peinlich berührt, als ich korrigierte, das Kind sei ein Mädchen. Steigen Mädchen nicht auf Berge? Interessieren sie sich nur für Schminktische, Puppen mit kämmbaren Haaren und die wunderbare Welt der Prinzessinnen?

Diese eine, selbstverständlich vorgenommene und ungefragte Kategorisierung ärgert mich so maßlos. Da braucht man gar nicht mehr zu fragen, ob wir ein Gender-Problem haben oder nicht. Es erklärt sich von selbst. In den Bergen herumklettern und draußen sein gehört offenbar im Kopf der Spielwarenverkäuferin nicht zu den von Mädchen bevorzugten Thematiken.

Der Junge übrigens, so schrieb meine Schwester, sei ganz wild auf alles, was vier Räder und ein Blaulicht habe. Zufall, angesichts der Tatsache, dass sein Vater Rettungsdienst fährt? Ich glaube kaum. Ich hoffe, meine Nichte wird ein verrücktes Bergsteiger-Kind.

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Samstag, 13. Dezember 2014
Konsequent
Esst und trinkt, sagten sie. Es geht euch wieder gut, esst nur und trinkt und langt wieder zu. Ihr seid wieder wer.

Esst und trinkt, und seid glücklich. Es geht euch gut, genießt euren Wohlstand. Ihr seid nicht satt. Ihr hattet Hunger und Durst, und jetzt ist genug da. Ihr seid nie satt. Kauft. Wohlstand macht glücklich. Euer Hunger nach mehr ist ein Makel, und wir haben die Lösung. Trautes Heim. Sonntagsbraten. Seid fein fleißig, schafft und baut, esst und trinkt.

Buckelt, schuftet, für unser aller Wohlstand. Wir sind wieder wer. Euern Wohlstand habt ihr euch verdient. Und wir den unseren dazu. Na los! Ihr habt es in der Hand, wer will, der wird auch was. Wer trotz Wollen nicht wird, hat was falsch gemacht. Denn wir haben's ja so eingerichtet, dass es klappt mit dem Wohlstand.

Fresst und sauft, sagten sie. Kriegt den Hals nicht voll. Wir brauchen euch für den Wohlstand. Das Wohl aller. Dazu tragt ihr bei, ihr seid wichtig. Konsumiert, kauft. Reproduziert euch, macht kleine Konsumenten. Macht Rentenbezahler, damit auch die Alten weiter kaufen. Wohlstand macht glücklich, sagten sie. Fresst, sauft. Los doch!

Neidet den anderen, was sie haben, riefen sie. Nur wer immer mehr will, wer nie zufrieden ist, kauft. Nur wer kauft, arbeitet für den Wohlstand. Das Wohl aller. Sagten sie.

Aber der Magen blieb leer, und die Kälte kroch in die Knochen.

Die anderen sind schuld, sagten sie. Wählt uns wieder, sagten sie. Wir schützen euch vor den anderen. Deutschland geht es gut, und das ist ein Grund zur Freude!, sagte sie. Wer anders fühlt, ist eine Gefahr. Wer anders denkt, ist eine Gefahr. Aber ihr wisst doch, sagten sie, schuld sind immer die anderen.

Wir schützen euch vor den anderen, sagten sie. Damit ihr weiter essen, trinken, schlafen könnt, in Eiche rustikal und Pressholzmöbeln. Mutti passt auf euch auf, sagte sie. Schlaft weiter.

Die anderen sind schuld, die Schlimmen, die, die nicht glauben, was wir glauben. Die, die zu uns kommen, um uns die Butter vom Brot zu nehmen. Neidet den anderen, was sie haben, aber seid unbarmherzig gegenüber denen, die weniger haben als ihr. Sie wollen euch ans Leder. Sozialschmarotzer. Wirtschaftsflüchtlinge. Wenn es euch nicht gut geht, sind die anderen schuld.

Die, die nicht ticken wie wir. Die, die nicht sprechen wie wir. Die nicht kaufen, was wir kaufen. Die nicht fressen und saufen können und gierig auf unsere Teller schauen.

Wir schützen dich, sagten sie. Dafür beobachten wir dich, sagten sie. Wir schauen dir beim Leben zu. Das ist gar nicht schlimm, wenn du ein unbescholtener Bürger bist, denn dann hast du nichts zu verstecken. Wir passen auf dich auf, und wir wissen auch, was du kaufen magst. Ist doch schön. Es geht dir gut. Schlaf weiter. Friss, sauf, vermehre dich, stirb. Sozialverträglich am besten.

Wir richten das Auge auf draußen, damit du ruhig schlafen kannst, sagten sie. Auf unsere Grenzen, auf die Fremden, auf die Widerwärtigen, wie sie da unersättlich gegen unseren Stacheldraht rennen. Neidisch alle nur. Wären gern so glücklich wie du. Aber das sind sie nicht. Sie haben die falsche Einstellung, wir die richtige.

Friss, schlaf, und wähle uns wieder, damit nicht der mit der falschen Einstellung dir übermorgen den Schädel einschlägt, weil er so neidisch auf dich ist. Wir passen auf dich auf, sagen sie.

Da hast du plötzlich Angst. Sie sollen erstmal Deutsch lernen, sagen sie, und du denkst, sie haben wirklich recht damit. Du merkst, du bist nicht satt, und schuld sind die anderen. Du merkst, deine Welt wackelt. Auch wenn sie sagen, du sollst schlafen. Du leistest doch was. Diese Gierigen, sie neiden dir alles. Du solltest sie vernichten. Wenn sie es nicht tun, wirst du es tun. Sonst greifen Unglück und Armut nach dir, und du wirst nicht mehr sehen können, wer du bist, und du wirst noch mehr Angst haben.

Du gehst auf die Straße, du schwenkst die Fahne, du bist nicht allein. Mit dir noch 9999 andere.

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Montag, 1. Dezember 2014
Die Kehrseite der Medaille
Über's Weihnachtsgeld zu Ende gefreut. Heute wurde uns per Aushang kundgetan, dass der Betrieb zwischen dem 22.12. und dem 5.1. geschlossen ist - die ersehnten Betriebsferien, für die auch alle schon im Vorfeld Urlaub eingereicht haben. Aber eben auch, dass von uns erwartet wird, bis dahin fünfzig Stunden in der Woche zu arbeiten.

Das bedeutet zehn Überstunden die Woche, zehn Stunden Arbeit pro Tag und Antreten um sechs. Für mich der blanke Horror. Ich werde schon bei dem Gedanken daran müde. Wie soll das nur werden, wenn mir das Aufstehen um sechs schon solche Schwierigkeiten bereitet? Jeden Morgen diese bleierne Schwere und der beinahe körperliche Schmerz. Und am Wochenende dann ist meine ganze Taktung im Arsch und ich werde unfähig sein, auszuschlafen. Drei Wochen lang. Nicht von schlechten Eltern.

Ich verstehe ja sogar, dass vor Weihnachten keine Aufträge liegen bleiben sollen. Bislang ist die große Schwemme bloß noch nicht in Sicht. Das kann ja heiter werden.

Ich verspreche hoch und heilig, ich werde jede einzelne dieser Überstunden abfeiern. Dann macht das Humankapital blau. Ehrenwort!

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