Sturmflut
Montag, 2. Januar 2012
Auf der anderen Seite
Was macht man, wenn jedes Wort, das man sagt, in einen dunklen, dunklen Brunnen fällt?

Ich habe so ein fürchterliches Gefühl von Vergeblichkeit, von Wut und unaussprechlicher Traurigkeit - alles zusammen. Weil nichts, was ich ihm sage, wirklich ankommt. Es verdreht sich unterwegs. Trost wird zur Anklage, ein Rat wandelt sich zum Vorwurf, eine Bitte zu Druck.

Es schmerzt mich, dass ich ihn nicht erreiche. Er will sich vor meinem Wunsch zu sprechen schützen. Er lässt mich mit meinem Gefühl der Zurückweisung einfach sitzen. Er nimmt das Schlechteste von mir an. Und schließlich liegt das Problem auch noch bei mir, weil ich es "auf mich beziehe".

Ich möchte ihn schütteln und anschreien, aber statt dessen bin ich zuerst konstruktiv, dann sarkastisch und schließlich resigniert.

Ich bin gerade sein Blitzableiter. Ihn ärgert die ganze Welt, und anstatt es an die Richtigen zu adressieren, kriege ich es ab. Es stinkt mir, und zugleich könnte ich einfach nur heulen. In dem einen oder anderen Moment möchte ich nur noch sagen: "Wenn Du mich eh schon ausschließt, dann mach doch Deinen Scheiß allein!" Ich möchte mir mein Mitgefühl für ihn schenken, weil er so sehr auf sich fixiert ist, dass ihm gar nicht in den Sinn kommt, dass ich welches habe. Kann ich aber nicht - es ist nun mal da.

Wütend bin ich trotzdem. Ich fühle mich verarscht und ungesehen, und das tut weh.

Ich bin seine Frau, die reißende Bestie. Die mit den blödsinnigen Vorschlägen, die sich alles immer zu leicht vorstellt. Die, die alles persönlich nimmt. Die, die immer nachbohrt und Salz in die Wunden streut. Die, die sarkastisch wird, nur um ihn zu ärgern... Für heute reicht's mir wirklich.

Heute bin ich einfach nur eine sehr müde, sehr traurige und sehr verletzte Frau, die sich davon nicht noch mehr geben will.

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