Sturmflut
Freitag, 28. August 2015
Nicht ohne Grund.
Der Herr Seibert in seiner Eigenschaft als Regierungssprecher twittert die Reaktion nicht meiner Bundeskanzlerin auf den grausamen Tod der Flüchtlinge im Schlepper-LKW:

"Kanzlerin Merkel: Schlepper haben sich nicht um diese Leben gekümmert. Die Menschen wollten Sicherheit und Schutz."

Man führe sich das noch mal langsam und genussvoll zu Gemüte: Die Politik dieser Regierung führt dazu, dass Menschen gezwungen sind, sich Schleppern anzuvertrauen, weil es keinen legalen Weg gibt, hierher zu kommen. Und dann wagt es diese Person tatsächlich, von Sicherheit und Schutz zu sprechen. Ihre Politik der Abriegelung, die gehässige Drittstaatenregelung - das hat ja natürlich alles nichts zu tun mit den Menschen in diesem Lastwagen.

Ich habe erst heute von diesem fürchterlichen Vorfall in den Nachrichten gehört. Alles, alles in mir krampfte sich zusammen, als ich mir vorstellte, was diese Menschen erlebt haben mussten, bevor sie alle den Tod fanden. Blankes Entsetzen. Dieser LKW und die Boote, Kähne, Kutter auf dem Meer, die Leichen an den Stränden, das ist mehr, als ein menschliches Herz an Leid erfassen kann. Dann in den letzten Wochen die Menschenschlangen vor den Behörden in sengender Hitze, der Mangel an allem, was nötig ist. Und schließlich der hasserfüllte Mob, Parolen brüllend, Steine werfend, das Obdach anderer anzündend.

Man könnte sich angesichts all dessen fragen, was hier eigentlich los ist. Dabei ist das alles nichts weiter als die logische Konsequenz der Politik der letzten Jahrzehnte. Was in Heidenau passiert, ist die Folge der menschenverachtenden Unterteilung in echte und falsche Flüchtlinge, die die Regierung selbst vorgenommen hat. Das ist die Folge davon, Menschen zu selektieren nach Nützlichkeit in jene, die man brauchen kann, und jene, die besser bleiben sollen, wo sie sind. Die Kriterien für die Einteilung unterliegen schierer Willkür.

Die Geschehnisse sind auch direkte Folge davon, dass Herr de Maizière sein Gesicht selbst in Zeiten wie diesen in die Kamera hält, um von der Verschärfung des Asylrechts und von angeblichem Asylmissbrauch zu sprechen. Er baut "den" Westbalkan-Flüchtling als neues Feindbild auf, der dem braven deutschen Bürger die sauer verdiente Kohle aus den Taschen zieht. Ich würde ja behaupten, das sei dumm von de Maizière, aber das trifft nicht zu. Das lasse ich mal so stehen.

Ich empfinde eine unglaubliche Wut auf diesen Scheißverein von einer Regierung. Wir haben eine Kanzlerin, die ewig nur Schweigen oder dumpfe Floskeln angesichts all des Elends übrig hat, anstatt sich deutlich für Menschenrechte und Menschenwürde zu positionieren. Ich gehe davon aus, sie will nicht. Sie ist aalglatt, weil sie ihre eigenen Machtinteressen nicht gefährden will. Nichts weiter.

Liebe regierende Politiker, Ihr habt die Menschen in dem ungarischen Lastwagen mit auf dem Gewissen. Ich wünschte, dass Ihr bei jedem Blick in den Spiegel ein Echo dieses absolut unmenschlichen Grauens erlebt. Ich wünsche Euch, dass in jedem Moment der Stille die Schreie des Hasses in Euren Ohren gellen, die ihr so geflissentlich ignoriert. Ich wünsche Euch von tiefstem Herzen, dass Ihr an Eurer eigenen Kälte erfriert. Ihr widert mich an.

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