Spröde Tage
Am 22. Jun 2013 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Am meisten zu schaffen machen mir gerade nicht die freie Zeit oder etwa die Unstrukturiertheit, die meine Tage als Noch-Urlauberin und bald Beschäftigungslose bestimmen. Es ist schön, nichts zu müssen.
Mich beißt die Stille. Wer jeden Tag arbeiten geht, hat automatisch Menschen um sich. Auch bei mir waren es oft mehr, als mir lieb war, und sie haben mich bisweilen gewaltig genervt. Aber beinahe drei Wochen nach meinem Urlaubsantritt fangen die Selbstgespräche an, mir auf den Geist zu gehen. Ich werde wunderlich. Ich komme kaum vor die Tür. Das muss sich ändern.
Jetzt fällt mir wieder auf, wie mir I. und S. fehlen. In der Studienzeit waren sie einfach um die Ecke, da konnte man sich spontan auf einen Kaffee treffen und reden, reden, reden. Gerade mit I. gelingt mir das auch am Telefon, aber es ist halt doch nicht dasselbe. Selbst, wenn wir uns eine Stunde lang die Ohren am Hörer platt drücken, ist das Gefühl doch einfach ein anderes, wenn man sich sieht und sich zur Begrüßung in den Arm nimmt. Ich denke an die Stunden auf I.s Sofa, an ihre liebevoll hergerichteten Teller mit Melonenstückchen oder selbstgebackenen Cantuccini und daran, wie sehr es mir fehlt, das einfach öfter zu machen. Nächste Woche setze ich mich wieder in den Zug, um sie zu sehen. Ich kann es kaum erwarten.
Mit S. hingegen wäre ich gern in der Planung für unsere Wanderung schon weiter. Auch hier stellt die Entfernung ein Problem dar. Die fast 500 Kilometer zwischen uns machen einfach alles zur Terminsache. Mich ärgert so furchtbar, dass wir uns nicht einfach gemeinsam an einem Tisch setzen und uns über die Wanderkarten beugen können. Aber das allein ist es auch nicht. Das letzte Telefonat hinterließ mich so frustriert. S. überlegt bereits wieder, umzuziehen. Sie will zurück in den Westen. Nicht allein, um ihrer alten Heimat näher zu sein, sondern auch, weil sie meint, J.s älter werdende Eltern bräuchten es, dass sich jemand um sie kümmert. Dass wieder einmal sie diejenige sein wird, ist bereits klar.
Es wiederholt sich, was ich im letzten Jahr bei der Tourvorbereitung bemerkte: S. ist so ausgelastet mit den Verpflichtungen und Terminen, die sie sich selbst aufhalst, dass sie nicht mehr wirklich Zeit und Energie dafür übrig hat, sich zu überlegen, was sie von unserer Tour erwartet, wohin sie gehen will, wie weit sie gehen will und wo man nachts sein Haupt zur Ruhe betten soll. Und plötzlich stellt sich heraus, dass sie die Etappen lieber erheblich kürzer hätte, als ich das gedacht habe. Woher soll ich es wissen, wenn sie sich wieder mal nicht oder spät äußert? Damit bekommt auch das Vorhaben, auf das ich mich beinahe am meisten freue diesen Sommer einen problematischen, komplizierten Anstrich. S. kennt keine Prioritäten, und es geht zu Lasten unserer gemeinsamen Tour, dass sie nicht nein sagen will und versucht, alles zu schaffen und alles zu machen. Auch zu mir und der Wanderung sagt sie nicht nein, sondern lässt alles so laufen in der Hoffnung, dass es schon irgendwie klappen wird. Was spiele ich für eine Rolle in diesem Konzept?
Schwägerin K. packt die Kisten für den Aufbruch an ihren neuen Wohnort, und mit ihr wird mir eine weitere Person hier fehlen. Es wird immer stiller. Ich hoffe, es gelingt uns, uns vorher wenigstens noch einmal zu sehen und etwas gemeinsam zu unternehmen. K.s Schwägerin S. äußerte Interesse, bei Gelegenheit auch mal zusammen etwas zu machen - wir verstehen uns gut und haben eigentlich immer Gesprächsstoff. Mal sehen, was daraus entsteht.
Schwiegermutter legte indes wieder einmal ihr gutes Gespür für Menschen an den Tag und rief an, um zu fragen, ob mir denn nicht langweilig sei. Ich solle doch mal vorbeikommen, man könne gemeinsam einen Bummel machen oder ein Eis zusammen essen. Ich bin froh, dass es sie gibt.
In die sorgfältige Komposition aus Frust und Zähneknirschen reihten sich Mrs Singer und Frau Josefine, die Riccar-Nähmaschine ein, indem sie beide gleichermaßen die Kooperation verweigerten und plötzlich meinten, Stiche auslassen und lustige Dinge mit der Fadenspannung machen zu müssen. Hatte ich eigentlich geplant, mir eine schöne, große "Schul"-Tasche für meine hoffentlich bevorstehende Weiterbildung zu nähen, die Ordner und Collegeblöcke fassen und tragen kann, muss dieses Projekt jetzt auch ruhen, bis ich dem Problem auf die Schliche gekommen bin. Vielleicht muss ich zumindest eine der Damen doch mal zur Wartung in die Hände eines Fachmanns bringen.
Heute werde ich mir dann die Zerknirschung ausnahmsweise einmal mit Shopping vertreiben. In niederländischer Nachbarschaft gibt es gleich mehrere, zu einem Verbund gehörende sogenannte Kringloopwinkel ("Kreislaufläden"), die Vintage- und Second-Hand-Sachen anbieten und bei denen man auch seine eigenen Sachen abliefern kann, die nicht mehr passen. Das Bonbon gönne ich mir dann heute. Nichts als raus hier, mir fällt die Decke auf den Kopf.
Mich beißt die Stille. Wer jeden Tag arbeiten geht, hat automatisch Menschen um sich. Auch bei mir waren es oft mehr, als mir lieb war, und sie haben mich bisweilen gewaltig genervt. Aber beinahe drei Wochen nach meinem Urlaubsantritt fangen die Selbstgespräche an, mir auf den Geist zu gehen. Ich werde wunderlich. Ich komme kaum vor die Tür. Das muss sich ändern.
Jetzt fällt mir wieder auf, wie mir I. und S. fehlen. In der Studienzeit waren sie einfach um die Ecke, da konnte man sich spontan auf einen Kaffee treffen und reden, reden, reden. Gerade mit I. gelingt mir das auch am Telefon, aber es ist halt doch nicht dasselbe. Selbst, wenn wir uns eine Stunde lang die Ohren am Hörer platt drücken, ist das Gefühl doch einfach ein anderes, wenn man sich sieht und sich zur Begrüßung in den Arm nimmt. Ich denke an die Stunden auf I.s Sofa, an ihre liebevoll hergerichteten Teller mit Melonenstückchen oder selbstgebackenen Cantuccini und daran, wie sehr es mir fehlt, das einfach öfter zu machen. Nächste Woche setze ich mich wieder in den Zug, um sie zu sehen. Ich kann es kaum erwarten.
Mit S. hingegen wäre ich gern in der Planung für unsere Wanderung schon weiter. Auch hier stellt die Entfernung ein Problem dar. Die fast 500 Kilometer zwischen uns machen einfach alles zur Terminsache. Mich ärgert so furchtbar, dass wir uns nicht einfach gemeinsam an einem Tisch setzen und uns über die Wanderkarten beugen können. Aber das allein ist es auch nicht. Das letzte Telefonat hinterließ mich so frustriert. S. überlegt bereits wieder, umzuziehen. Sie will zurück in den Westen. Nicht allein, um ihrer alten Heimat näher zu sein, sondern auch, weil sie meint, J.s älter werdende Eltern bräuchten es, dass sich jemand um sie kümmert. Dass wieder einmal sie diejenige sein wird, ist bereits klar.
Es wiederholt sich, was ich im letzten Jahr bei der Tourvorbereitung bemerkte: S. ist so ausgelastet mit den Verpflichtungen und Terminen, die sie sich selbst aufhalst, dass sie nicht mehr wirklich Zeit und Energie dafür übrig hat, sich zu überlegen, was sie von unserer Tour erwartet, wohin sie gehen will, wie weit sie gehen will und wo man nachts sein Haupt zur Ruhe betten soll. Und plötzlich stellt sich heraus, dass sie die Etappen lieber erheblich kürzer hätte, als ich das gedacht habe. Woher soll ich es wissen, wenn sie sich wieder mal nicht oder spät äußert? Damit bekommt auch das Vorhaben, auf das ich mich beinahe am meisten freue diesen Sommer einen problematischen, komplizierten Anstrich. S. kennt keine Prioritäten, und es geht zu Lasten unserer gemeinsamen Tour, dass sie nicht nein sagen will und versucht, alles zu schaffen und alles zu machen. Auch zu mir und der Wanderung sagt sie nicht nein, sondern lässt alles so laufen in der Hoffnung, dass es schon irgendwie klappen wird. Was spiele ich für eine Rolle in diesem Konzept?
Schwägerin K. packt die Kisten für den Aufbruch an ihren neuen Wohnort, und mit ihr wird mir eine weitere Person hier fehlen. Es wird immer stiller. Ich hoffe, es gelingt uns, uns vorher wenigstens noch einmal zu sehen und etwas gemeinsam zu unternehmen. K.s Schwägerin S. äußerte Interesse, bei Gelegenheit auch mal zusammen etwas zu machen - wir verstehen uns gut und haben eigentlich immer Gesprächsstoff. Mal sehen, was daraus entsteht.
Schwiegermutter legte indes wieder einmal ihr gutes Gespür für Menschen an den Tag und rief an, um zu fragen, ob mir denn nicht langweilig sei. Ich solle doch mal vorbeikommen, man könne gemeinsam einen Bummel machen oder ein Eis zusammen essen. Ich bin froh, dass es sie gibt.
In die sorgfältige Komposition aus Frust und Zähneknirschen reihten sich Mrs Singer und Frau Josefine, die Riccar-Nähmaschine ein, indem sie beide gleichermaßen die Kooperation verweigerten und plötzlich meinten, Stiche auslassen und lustige Dinge mit der Fadenspannung machen zu müssen. Hatte ich eigentlich geplant, mir eine schöne, große "Schul"-Tasche für meine hoffentlich bevorstehende Weiterbildung zu nähen, die Ordner und Collegeblöcke fassen und tragen kann, muss dieses Projekt jetzt auch ruhen, bis ich dem Problem auf die Schliche gekommen bin. Vielleicht muss ich zumindest eine der Damen doch mal zur Wartung in die Hände eines Fachmanns bringen.
Heute werde ich mir dann die Zerknirschung ausnahmsweise einmal mit Shopping vertreiben. In niederländischer Nachbarschaft gibt es gleich mehrere, zu einem Verbund gehörende sogenannte Kringloopwinkel ("Kreislaufläden"), die Vintage- und Second-Hand-Sachen anbieten und bei denen man auch seine eigenen Sachen abliefern kann, die nicht mehr passen. Das Bonbon gönne ich mir dann heute. Nichts als raus hier, mir fällt die Decke auf den Kopf.