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Donnerstag, 21. Januar 2010
"Saving Haiti"
Am 21. Jan 2010 im Topic 'Deckschrubben'
Dank des digitalen Satellitenfernsehens habe ich jederzeit Zugriff auf die bunte Gewinnpalette des öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehens inklusive ausländischer Nachrichtensender.
Von den hiesigen Sendern ist man ja einiges gewöhnt. Es ist schon allein bemerkenswert, was dort erkoren wird, Nachrichtenwert zu haben und was nicht. Katastrophen haben Nachrichtenwert, so viel steht mal fest. Von den Amerikanern übernommen ist die eigenartige Angewohnheit, alles mit "Breaking News" zu betiteln (womit man nicht sagen will, dass diese Art Nachrichten zum Brechen sind, obwohl das durchaus manches Mal zutrifft...). Auch aus Übersee kommt der Tick, für jede größere Begebenheit (und Katastrophen hier besonders gern) eine schlagfertige kleine Überschrift zu finden, die man dann in roter Fettschrift dauerhaft in einer Ecke des Bildes eingeblendet lässt. Das liest sich dann so: "Das Stadtarchiv-Drama von Köln" oder "Der S-Bahn-Held von München". Dass das auch akustisch geht, bewies ein Radiosender, in dem er einen musikalisch entsprechend nach Weltuntergang klingenden Jingle eigens für das ICE-Unglück in Eschede anfertigen ließ: Bamm, bamm, bamm, bam-bam-ba-bam... DAS Zugunglück von Eschede... Ba-Bamm!!! Die Botschaft, die das vermittelte, war: "Aufgemerkt, aufgemerkt, Ihr treuen Einwohner von Hintertupfingen! Die bärtige Dame ist passé, denn wir haben einen zermatschten Zug!!"
Als ich beim Zappen auf CNN hängen blieb, prangte in dem besagten kleinen Kästchen zwischen Laufschrift und gestylter Moderatorin der Schriftzug "Saving Haiti". Irgendwie fand ich das besonders toll. Klang nach Filmtitel à la "Saving Private Ryan". God's Own Country rettet gleich ein ganzes Land - mal wieder. Irgendwie verzerrt, diese Sichtweise. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Menschen, die sich das Elend vor Ort angesehen haben, sich selbst noch guten Gewissens als Retter bezeichnen können. Das ist mal wieder reichlich arrogant. Aber "Trying to help Haitian people" klingt halt auch nicht ganz so spektakulär.
Kleines Rezept für Quoten: Man nehme einen schmissigen Slogan, gebe den Zuschauern eine Prise von dem Gefühl dazu, etwas Besseres zu sein, mische dazu ein Bild von einem mageren Kind mit großen, tränenerfüllten Augen und suggeriere zum Schluss, das Ganze sei eigentlich doch ganz leicht verdaulich - Voilà!
Eigentliches Thema verfehlt, setzen, 6!
Wahrscheinlich ist es müßig, sich über die Nachrichtenpraxis der westlichen Welt zu mokieren. Trotzdem ist es mir lieber, mir fallen von selbst immer noch weltweite Themen ein, die eine Laufschrift im deutschen Nachrichtenfernsehen eher verdient hätten als die Tatsache, dass auf Haiti auch eine Deutsche ums Leben kam.
Meine Musik des Tages:
Tori Amos - Caught a lite sneeze
Von den hiesigen Sendern ist man ja einiges gewöhnt. Es ist schon allein bemerkenswert, was dort erkoren wird, Nachrichtenwert zu haben und was nicht. Katastrophen haben Nachrichtenwert, so viel steht mal fest. Von den Amerikanern übernommen ist die eigenartige Angewohnheit, alles mit "Breaking News" zu betiteln (womit man nicht sagen will, dass diese Art Nachrichten zum Brechen sind, obwohl das durchaus manches Mal zutrifft...). Auch aus Übersee kommt der Tick, für jede größere Begebenheit (und Katastrophen hier besonders gern) eine schlagfertige kleine Überschrift zu finden, die man dann in roter Fettschrift dauerhaft in einer Ecke des Bildes eingeblendet lässt. Das liest sich dann so: "Das Stadtarchiv-Drama von Köln" oder "Der S-Bahn-Held von München". Dass das auch akustisch geht, bewies ein Radiosender, in dem er einen musikalisch entsprechend nach Weltuntergang klingenden Jingle eigens für das ICE-Unglück in Eschede anfertigen ließ: Bamm, bamm, bamm, bam-bam-ba-bam... DAS Zugunglück von Eschede... Ba-Bamm!!! Die Botschaft, die das vermittelte, war: "Aufgemerkt, aufgemerkt, Ihr treuen Einwohner von Hintertupfingen! Die bärtige Dame ist passé, denn wir haben einen zermatschten Zug!!"
Als ich beim Zappen auf CNN hängen blieb, prangte in dem besagten kleinen Kästchen zwischen Laufschrift und gestylter Moderatorin der Schriftzug "Saving Haiti". Irgendwie fand ich das besonders toll. Klang nach Filmtitel à la "Saving Private Ryan". God's Own Country rettet gleich ein ganzes Land - mal wieder. Irgendwie verzerrt, diese Sichtweise. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Menschen, die sich das Elend vor Ort angesehen haben, sich selbst noch guten Gewissens als Retter bezeichnen können. Das ist mal wieder reichlich arrogant. Aber "Trying to help Haitian people" klingt halt auch nicht ganz so spektakulär.
Kleines Rezept für Quoten: Man nehme einen schmissigen Slogan, gebe den Zuschauern eine Prise von dem Gefühl dazu, etwas Besseres zu sein, mische dazu ein Bild von einem mageren Kind mit großen, tränenerfüllten Augen und suggeriere zum Schluss, das Ganze sei eigentlich doch ganz leicht verdaulich - Voilà!
Eigentliches Thema verfehlt, setzen, 6!
Wahrscheinlich ist es müßig, sich über die Nachrichtenpraxis der westlichen Welt zu mokieren. Trotzdem ist es mir lieber, mir fallen von selbst immer noch weltweite Themen ein, die eine Laufschrift im deutschen Nachrichtenfernsehen eher verdient hätten als die Tatsache, dass auf Haiti auch eine Deutsche ums Leben kam.
Meine Musik des Tages:
Tori Amos - Caught a lite sneeze
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