... später
Donnerstag, 26. Januar 2012
Umkehr der Beweislast
Am 26. Jan 2012 im Topic 'Deckschrubben'
Ich lege mich nicht gern mit Dogmatikern an. Während meines Studiums habe ich erleben dürfen, was es bedeutet, wirklich fruchtbare Gespräche zu führen, bei denen man über allerhand philosophische, gesellschaftliche und politische Fragen die Zeit vergaß, das Ende des Seminars, über die man den Mensaschluss vergaß und die man bei einem Bier in der Kneipe fortsetzte. Wir redeten uns die Köpfe heiß, wogen Argumente gegeneinander ab, erzählten Persönliches, vertraten Standpunkte. Eines war allen Menschen, mit denen ich damals zusammentraf, gemein: Sie beharrten niemals auf der absoluten Wahrheit ihrer Ideen, auf deren Unverrückbarkeit und Anwendbarkeit auf alle. Es war eine sehr wohltuende Zeit persönlichen Wachstums. Ich habe eine Allergie gegen starre Denkstrukturen. Jedes Mal, wenn mir jemand als Begründung für irgendwas sagt: "Ist so!", sträuben sich mir die Nackenhaare. Und zugegebenermaßen amüsiert es mich auch, wenn sich jemand in Zirkelschlüssen verheddert.
Dass ich mit der Religion auf Kriegsfuß stehe, ist kein Geheimnis. In diesem Zusammenhang habe ich natürlich besondere Probleme mit Dogmatikern. Dabei würde ich mich selbst durchaus als spirituell bezeichnen. Ich glaube aber nicht an Gott, und ich habe noch niemals versucht, jemanden dazu zu bewegen, sich meinem Atheismus anzuschließen. Ich bin inzwischen sehr beherrscht und stürze mich nicht mehr in ellenlange Debatten. Darüber, ob es Gott gibt oder nicht, oder ob es irgendeinen Gott gibt. Oder darüber, was das für ein Gott sein könnte. Oder ob es das Göttliche gibt. Oder ob wir alle göttlich sind. Ob sich in der Natur Gottes Wille widerspiegelt. Oder ob es das gerade nicht tut. Aber ich gebe zu, die Versuchung ist groß. Denn das Gebaren mancher Gläubiger ärgert mich sehr. Sie sind auf manchem Ohr extrem empfindlich für Kritik. Ganz besonders dann, wenn es darum geht, wer denn nun wohl in grundlegenden Fragen, die uns Menschen beschäftigen, Recht hat: Die Wissenschaft oder die Religion.
Ich bin der Auffassung, Glaube hat Privatsache zu sein. Folgerichtig bin ich auch der Ansicht, dass Religionsunterricht - gleich welcher Couleur und Glaubensrichtung - an (zumindest staatlichen) Schulen nichts zu suchen hat. Die Kirchen bieten ihrerseits eine ausreichend breite Palette an Unterweisungsmöglichkeiten in Belangen des Glaubens an. Das fängt beim Kindergottesdienst an, geht über Firmung, Kommunion, Konfirmation und die dazugehörigen Unterrichtsstunden und setzt sich auch in Bibelstunden und christlichen Krabbelgruppen fort. Reichlich Möglichkeiten also für interessierte Eltern, ihre Kinder mit dem vertraut zu machen, was sie ganz persönlich glauben. Das allein kann man schon kritisch sehen, da ein Kind sich nicht selbst dafür entscheiden kann, was es glaubt, und leider sind längst nicht alle Eltern so liberal eingestellt, dass sie ihre Kinder auf ergebnisoffene Art und Weise mit dem Thema Religion konfrontieren. Aber wie gesagt - Privatsache. Schön und gut.
Religionsunterricht halte ich allerdings (zumal, wenn er schwerpunktmäßig oder ausschließlich christlich gegeben wird) für inakzeptabel. Das einzige vernünftige Konzept, das der christlichen Religionslehre an Schulen entgegenzustellen wäre, wäre ein Unterricht, der sich mit religiösen und weltanschaulichen Strömungen weltweit und vor allem kritisch auseinandersetzte. Dabei ergäbe sich auch Raum, sich mit unterschiedlichen Konzepten und Auffassungen über das Leben, das Sein, Sterben und Tod auseinanderzusetzen, und im Grunde ist auch die Philosophie ein weites und fruchtbares Feld, das mit einfließen könnte. Anstatt dass aber der christlichen Glaubenslehre an öffentlichen Schulen vernünftige Grenzen gesetzt werden, streckt diese inzwischen auch ihre Finger in andere Bereiche aus, ebenso, wie es der Islam tut. In Biologie soll, geht es nach den Wünschen mancher Moslems, nun kein Sexualkundeunterricht mehr erteilt werden (zumindest nicht an die eigenen Töchter, die man dann aus dem Unterricht abzieht), und einige Christen tun sich sehr schwer mit der Evolutionstheorie. Meiner Ansicht nach haben aber religiöse Interessen in diesem Fach ebenso wenig zu suchen wie in der Chemie, Physik, im Sport oder der Geographie (und letzteres Beispiel ist mitnichten an den Haaren herbeigezogen, zieht man bloß mal den Geozentrismus in Betracht, der dem Weltbild der Kirche und der Gläubigen über Jahrhunderte hinweg einfach am besten in den Kram gepasst hat).
Es gibt natürlich Menschen, die dann argumentieren, die Evolutionstheorie, wie sie an Schulen gelehrt werde, sei schlicht nur eine Theorie und müsse derjenigen von einem Schöpfergott im Unterricht gleichrangig gegenüberstehen. Man kennt solche Ideen aus dem angloamerikanischen Raum. Eine wissenschaftliche Theorie hat aber nicht den Charakter einer These oder Behauptung. Sie liefert einen Erklärungsansatz, der durch schlüssige und beobachtbare Erkenntnisse gestützt wird und in der jeweiligen Fachrichtung auf breiten Konsens trifft - bis sich etwas Besseres findet. Theorien haben dabei aber auch nicht den Charakter einer unumstößlichen Wahrheit. Sie schildern lediglich, was wir bislang wissen und welche Schlüsse wir aus diesem Wissen ziehen. Die Idee von einem Schöpfergott, der als Ursache hinter allem Leben steht, ist indes nur eine Behauptung. Bestimmte Gläubige sind schnell damit bei der Hand, zu schreien: "Beweist doch die Evolutionstheorie. Beweist doch Makroevolution!", im Grunde wohl wissend, dass beides nicht bewiesen werden kann. Träte man aber nun auf einen solchen hartnäckig den Schöpfungsmythos vertretenden Gläubigen zu und forderte: "Beweise doch, dass es einen Gott gibt und dass dieser das Universum geschaffen hat!", dann kommt oft reflexartig die Gegenforderung: "Ach, beweist doch erst einmal, dass es Gott nicht gibt und dass er nicht das Universum geschaffen hat!"
Ich bin der Ansicht, dass wer sich auf einem bestimmten Feld messen will, alle Argumente auch mit gleichem Maß beurteilen muss. Während also die Evolutionstheorie sich zumindest erhebliche Mühe damit gibt, Indizien, Hinweise oder gar Beweise für ihre Annahmen zu finden und sie auch zu belegen (oder eben zu widerlegen!), tut sich die Religion schwer damit, ihre Behauptungen auch zu untermauern. Aus dieser Position heraus kann man sich aber nicht auf eine Stufe mit dem Gegner stellen. Natürlich ist es arrogant und vermessen von Vertretern naturwissenschaftlicher Ressorts, sich auf das Feld der Religion zu begeben und zu behaupten, dass ihre Erkenntnisse Relevanz hätten für das spirtuelle oder religiöse Erleben der Menschen. In der Tat hat auch noch niemand mit naturwissenschaftlich fundierten Methoden nachgewiesen, dass es Gott, das Göttliche oder Götter nicht gibt. Religion ist eine subjektive und persönliche Erfahrung und lässt sich daher nicht messen. Gerade deshalb, weil Glauben aber Glauben ist und nicht Wissen, haben religiös gefärbte Behauptungen und Weltvorstellungen eben auch nichts in den Naturwissenschaften zu suchen. Es geht letztlich nicht darum, wer die besseren Argumente für seine Weltsicht hat, weil das hieße, man vergliche Äpfel mit Birnen.
Warum muss sich die Religion eigentlich so angegriffen fühlen durch wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien? Es bleibt im Endeffekt ja jedem selbst überlassen, sich hinter dem Drang des Lebens nach sich selbst (wie er sich in den aktuellen Erkenntnissen spiegelt) den Willen eines höheren Schöpfers vorzustellen - seine Existenz leitet sich aber aus den Erkenntnissen, die wir bislang haben, eben nicht zwingend ab. Ich glaube, mit diesem "nicht zwingend" haben viele religiöse Menschen ein Problem. Der Beweis für einen (Schöpfer-)Gott ist eben bislang nicht erbracht (und wird es meinem bescheidenen Hosenbodengefühl nach auch nicht werden). Mancher muss sich aber ganz fürchterlich dringend an dieser Vorstellung festhalten, um die eigene seelische Befindlichkeit angesichts des Daseins, des zu suchenden Sinns und des Todes zu stabilisieren. Den wirft die augenfällige Tatsache, dass auch mit sich entwickelnden, sich verfeinernden wissenschaftlichen Methoden und fortschreitenden Erkenntnissen über die Beschaffenheit des Lebens nach wie vor die Existenz Gottes nicht beweisen lässt, möglicherweise in einen inneren Konflikt. Das bedeutet, dass diejenigen "Gläubigen" in der Tat nicht einfach glauben können und damit dann glücklich sind, sondern dass sie eben doch wissen müssen, um mit der Kälte der Welt da draußen umgehen zu können. Jetzt ist die Frage, wer den Beweis von der Existenz oder Nichtexistenz Gottes eigentlich wirklich braucht.
Dass ich mit der Religion auf Kriegsfuß stehe, ist kein Geheimnis. In diesem Zusammenhang habe ich natürlich besondere Probleme mit Dogmatikern. Dabei würde ich mich selbst durchaus als spirituell bezeichnen. Ich glaube aber nicht an Gott, und ich habe noch niemals versucht, jemanden dazu zu bewegen, sich meinem Atheismus anzuschließen. Ich bin inzwischen sehr beherrscht und stürze mich nicht mehr in ellenlange Debatten. Darüber, ob es Gott gibt oder nicht, oder ob es irgendeinen Gott gibt. Oder darüber, was das für ein Gott sein könnte. Oder ob es das Göttliche gibt. Oder ob wir alle göttlich sind. Ob sich in der Natur Gottes Wille widerspiegelt. Oder ob es das gerade nicht tut. Aber ich gebe zu, die Versuchung ist groß. Denn das Gebaren mancher Gläubiger ärgert mich sehr. Sie sind auf manchem Ohr extrem empfindlich für Kritik. Ganz besonders dann, wenn es darum geht, wer denn nun wohl in grundlegenden Fragen, die uns Menschen beschäftigen, Recht hat: Die Wissenschaft oder die Religion.
Ich bin der Auffassung, Glaube hat Privatsache zu sein. Folgerichtig bin ich auch der Ansicht, dass Religionsunterricht - gleich welcher Couleur und Glaubensrichtung - an (zumindest staatlichen) Schulen nichts zu suchen hat. Die Kirchen bieten ihrerseits eine ausreichend breite Palette an Unterweisungsmöglichkeiten in Belangen des Glaubens an. Das fängt beim Kindergottesdienst an, geht über Firmung, Kommunion, Konfirmation und die dazugehörigen Unterrichtsstunden und setzt sich auch in Bibelstunden und christlichen Krabbelgruppen fort. Reichlich Möglichkeiten also für interessierte Eltern, ihre Kinder mit dem vertraut zu machen, was sie ganz persönlich glauben. Das allein kann man schon kritisch sehen, da ein Kind sich nicht selbst dafür entscheiden kann, was es glaubt, und leider sind längst nicht alle Eltern so liberal eingestellt, dass sie ihre Kinder auf ergebnisoffene Art und Weise mit dem Thema Religion konfrontieren. Aber wie gesagt - Privatsache. Schön und gut.
Religionsunterricht halte ich allerdings (zumal, wenn er schwerpunktmäßig oder ausschließlich christlich gegeben wird) für inakzeptabel. Das einzige vernünftige Konzept, das der christlichen Religionslehre an Schulen entgegenzustellen wäre, wäre ein Unterricht, der sich mit religiösen und weltanschaulichen Strömungen weltweit und vor allem kritisch auseinandersetzte. Dabei ergäbe sich auch Raum, sich mit unterschiedlichen Konzepten und Auffassungen über das Leben, das Sein, Sterben und Tod auseinanderzusetzen, und im Grunde ist auch die Philosophie ein weites und fruchtbares Feld, das mit einfließen könnte. Anstatt dass aber der christlichen Glaubenslehre an öffentlichen Schulen vernünftige Grenzen gesetzt werden, streckt diese inzwischen auch ihre Finger in andere Bereiche aus, ebenso, wie es der Islam tut. In Biologie soll, geht es nach den Wünschen mancher Moslems, nun kein Sexualkundeunterricht mehr erteilt werden (zumindest nicht an die eigenen Töchter, die man dann aus dem Unterricht abzieht), und einige Christen tun sich sehr schwer mit der Evolutionstheorie. Meiner Ansicht nach haben aber religiöse Interessen in diesem Fach ebenso wenig zu suchen wie in der Chemie, Physik, im Sport oder der Geographie (und letzteres Beispiel ist mitnichten an den Haaren herbeigezogen, zieht man bloß mal den Geozentrismus in Betracht, der dem Weltbild der Kirche und der Gläubigen über Jahrhunderte hinweg einfach am besten in den Kram gepasst hat).
Es gibt natürlich Menschen, die dann argumentieren, die Evolutionstheorie, wie sie an Schulen gelehrt werde, sei schlicht nur eine Theorie und müsse derjenigen von einem Schöpfergott im Unterricht gleichrangig gegenüberstehen. Man kennt solche Ideen aus dem angloamerikanischen Raum. Eine wissenschaftliche Theorie hat aber nicht den Charakter einer These oder Behauptung. Sie liefert einen Erklärungsansatz, der durch schlüssige und beobachtbare Erkenntnisse gestützt wird und in der jeweiligen Fachrichtung auf breiten Konsens trifft - bis sich etwas Besseres findet. Theorien haben dabei aber auch nicht den Charakter einer unumstößlichen Wahrheit. Sie schildern lediglich, was wir bislang wissen und welche Schlüsse wir aus diesem Wissen ziehen. Die Idee von einem Schöpfergott, der als Ursache hinter allem Leben steht, ist indes nur eine Behauptung. Bestimmte Gläubige sind schnell damit bei der Hand, zu schreien: "Beweist doch die Evolutionstheorie. Beweist doch Makroevolution!", im Grunde wohl wissend, dass beides nicht bewiesen werden kann. Träte man aber nun auf einen solchen hartnäckig den Schöpfungsmythos vertretenden Gläubigen zu und forderte: "Beweise doch, dass es einen Gott gibt und dass dieser das Universum geschaffen hat!", dann kommt oft reflexartig die Gegenforderung: "Ach, beweist doch erst einmal, dass es Gott nicht gibt und dass er nicht das Universum geschaffen hat!"
Ich bin der Ansicht, dass wer sich auf einem bestimmten Feld messen will, alle Argumente auch mit gleichem Maß beurteilen muss. Während also die Evolutionstheorie sich zumindest erhebliche Mühe damit gibt, Indizien, Hinweise oder gar Beweise für ihre Annahmen zu finden und sie auch zu belegen (oder eben zu widerlegen!), tut sich die Religion schwer damit, ihre Behauptungen auch zu untermauern. Aus dieser Position heraus kann man sich aber nicht auf eine Stufe mit dem Gegner stellen. Natürlich ist es arrogant und vermessen von Vertretern naturwissenschaftlicher Ressorts, sich auf das Feld der Religion zu begeben und zu behaupten, dass ihre Erkenntnisse Relevanz hätten für das spirtuelle oder religiöse Erleben der Menschen. In der Tat hat auch noch niemand mit naturwissenschaftlich fundierten Methoden nachgewiesen, dass es Gott, das Göttliche oder Götter nicht gibt. Religion ist eine subjektive und persönliche Erfahrung und lässt sich daher nicht messen. Gerade deshalb, weil Glauben aber Glauben ist und nicht Wissen, haben religiös gefärbte Behauptungen und Weltvorstellungen eben auch nichts in den Naturwissenschaften zu suchen. Es geht letztlich nicht darum, wer die besseren Argumente für seine Weltsicht hat, weil das hieße, man vergliche Äpfel mit Birnen.
Warum muss sich die Religion eigentlich so angegriffen fühlen durch wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien? Es bleibt im Endeffekt ja jedem selbst überlassen, sich hinter dem Drang des Lebens nach sich selbst (wie er sich in den aktuellen Erkenntnissen spiegelt) den Willen eines höheren Schöpfers vorzustellen - seine Existenz leitet sich aber aus den Erkenntnissen, die wir bislang haben, eben nicht zwingend ab. Ich glaube, mit diesem "nicht zwingend" haben viele religiöse Menschen ein Problem. Der Beweis für einen (Schöpfer-)Gott ist eben bislang nicht erbracht (und wird es meinem bescheidenen Hosenbodengefühl nach auch nicht werden). Mancher muss sich aber ganz fürchterlich dringend an dieser Vorstellung festhalten, um die eigene seelische Befindlichkeit angesichts des Daseins, des zu suchenden Sinns und des Todes zu stabilisieren. Den wirft die augenfällige Tatsache, dass auch mit sich entwickelnden, sich verfeinernden wissenschaftlichen Methoden und fortschreitenden Erkenntnissen über die Beschaffenheit des Lebens nach wie vor die Existenz Gottes nicht beweisen lässt, möglicherweise in einen inneren Konflikt. Das bedeutet, dass diejenigen "Gläubigen" in der Tat nicht einfach glauben können und damit dann glücklich sind, sondern dass sie eben doch wissen müssen, um mit der Kälte der Welt da draußen umgehen zu können. Jetzt ist die Frage, wer den Beweis von der Existenz oder Nichtexistenz Gottes eigentlich wirklich braucht.
... früher