Sturmflut
Dienstag, 4. September 2012
Müde
Irgendwas läuft gewaltig schief in den letzten Tagen und Wochen. Ich bin dauernd müde, überfordert, orientierungslos und matt. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist kurz, ich bin fahrig. Wenn ich geschlafen habe, dann hält das erholte Gefühl nur kurz an. Die Wochenenden sind zu kurz. Ich mag nicht telefonieren, nicht einmal mit meinen Freundinnen.

Plötzlich richte ich mich so total auf andere aus. Der alte Perfektionismus ist wieder da. Die Stimme, die mir sagt, ich verhielte mich nicht so, wie ich sollte. Die Rechtfertigungsdebatten zwischen mir und mir. Der alte Konflikt zwischen den Ansprüchen, die ich glaube erfüllen zu müssen und der tiefen Gier nach innerer Freiheit und nach dem Recht, so zu sein, wie ich eben bin. So ein Kampf verbrennt seelische Kalorien, und ich fühle mich, als würde ich verhungern.

Irgendwas hat sich wieder in mein Leben geschlichen, das ich endgültig verbannt glaubte. Ich suche nach dem Auslöser. Möglicherweise hat es mit dem blöden Nachbarschaftstheater zu tun, mit Anrufen von Verwandten, mit Untertönen in Mails. Vielleicht bin ich auch nur einfach zurückgefallen in die Gewohnheit, mich für alles verantwortlich zu fühlen, jede leise Regung meiner Mitmenschen erraten und ausgleichen zu müssen, für Harmonie sorgen zu müssen, wegzuschauen von mir. Unbemerkt ist die alte Furcht in mich zurückgekrochen, inakzeptabel zu sein. Nur keine Eigenheiten, nur keine Konflikte.

Aber in mir schreit es: Nicht mehr, nicht mehr! Es ist mein Leben, meine Zeit, meine Kraft und im Übrigen auch mein gottverdammter Garten! Keinen Fußbreit gebe ich mehr her von meinem Grund und Boden. Dann bin ich halt egoistisch.

To see and hear
What is here,
instead of what should be,
was, or will be.

To say what one feels and thinks
instead of what one should.
To feel what one feels
instead of what one ought.

To ask for what one wants,
instead of always waiting
for permission.

To take risks in one's own behalf
instead of choosing to be only "secure"
and not rocking the boat.

Virginia Satir, Five Freedoms

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