Sturmflut
Freitag, 30. April 2010
Genöle der Woche (Top 10)
Dass Radio ein phantastisches Medium sein kann, weiß ich noch aus eigenen Radiomacher-Zeiten. Als man noch akustische Streifzüge, Klangcollagen, Hörspiele aufnahm (und auch ausstrahlen durfte), als Sendungen noch moderiert wurden, als Interviews noch länger als zweieinhalb Minuten werden durften. Ich habe mich der mageren Honorare wegen aus der Radiozunft verabschiedet, und seitdem stagnierte auch mein eigener Radio-Konsum.

Zu Recht, wie ich feststellen durfte. Denn nach jahrelanger Radio-Abstinenz bin ich jetzt in einem Büro gelandet, in dem die Mehrheit der Kollegen unbedingt das Radio während der Arbeit laufen haben will. Die neuerliche Konfrontation mit dem zwischenzeitlich hartnäckig boykottierten Dudelfunk treibt mich in den Wahnsinn, und manchmal bin ich froh, dass ich auf meinem linken Ohr zur Zeit sowieso nicht besonders gut höre.

Was mir vor allem mächtig auf den Keks geht, ist der irgendwie nölige Unterton der meisten Songs, die zur Zeit in der Hit-Rotation laufen (mal abgesehen davon, dass ich geräuschbasierte Werbung auch wirklich hasse wie die Pest). Ich wache morgens auf mit diesen jauligen, jammerigen Liedern als Ohrwürmern, obwohl ich sie nicht haben will und noch nie haben wollte. Die Endloswiederholung von einfallslosen Refrains sorgt dafür, dass sich dieses Ohren-Fastfood in mein Gehirn einbrennt. Kein Song ohne herziges, fröhliches-belangloses "la la la". Und da sitze ich dann mit verkniffen geschlossenem Mund, um angesichts so viel musikalischer Einheitspampe nicht direkt auf meine Tastatur zu brechen.

Besonders angetan haben es mir dabei die angestrengt in die Welt blökenden, allesamt gleich klingenden Damen. Aber auch männliche Interpreten sind auf meiner Liste der Top 10 der nöligsten Songs der Woche:
  1. Gossip - Heavy Cross ("hi-yaha, hi-yaha, hi-yaha...")
  2. Marit Larsen - If A Song Could Get Me You
  3. Duffy - Mercy
  4. Amy MacDonald - This Is The Life
  5. Katy Perry - Hot 'N Cold
  6. Lena Meyer-Landrut - Satellite
  7. Aura Dione - I Will Love You Monday
  8. Milow - You Don't Know
  9. Train - Hey, Soul Sister
  10. Bryan Adams - One World, One Flame
So viel dazu. Und das Genöle kommt wieder. Schon am Montag. Ich weiß es.

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Samstag, 10. April 2010
Angst und Trotz
Ich weiß, ich lebe in ländlicher Idylle und verglichen mit einem Großteil aller Städte auf der Welt geradezu im Paradies. Ich habe sozusagen nicht die geringste Ahnung vom "wahren Leben" vieler Menschen, und wahrscheinlich hängt es auch mit diesem glückseligen, permanenten Abgeschnittensein von beinahe jeglicher Form von Straßengewalt, Drogenszene, Bandenkriegen und Prostitution zusammen, dass ich wie eine Mimose auf Großstadtverhältnisse reagiere.

Dennoch beschleicht mich auch hier immer wieder eine eigenartige Mischung aus Angst und Trotz, wenn ich auf eine bestimmte Sorte Mensch treffe - auch wenn es nur die Landeier-Version ist. Die Menschen, die mir eine solche Angst einjagen können, sind junge Männer, im Alter vielleicht irgendwo zwischen noch grünen 14, 15 Jahren und Mitte Zwanzig. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich es wirklich nicht abwertend meine (man muss ja schon deshalb vorsichtig sein, weil sämtliche einmal gewählten Bezeichnungen für gesellschaftliche Randgruppen mit negativer Bewertung belegt werden... Sogar der Begriff Randgruppe selbst), aber meistens sind es Jungen mit offenkundigem Migrationshintergrund, die in mir diese Furcht erzeugen.

Ich fahre sehr häufig Bus, und meistens sind da auch die noch berufs-un-tätigen besagten jungen Männer, sich breitbeinig auf den hinteren Bänken fläzend und alle mit einem abschätzenden, herablassenden Blick bedenkend. Besonders die mitfahrenden Frauen. Die jungen Mädchen, die mit ihnen fahren, sind meistens züchtigst kopftuchverhüllt, an der eigenen Schwester gibt es also im Allgemeinen wenig abschätzig zu bewerten. Aber im Bezug auf alle anderen Frauen unter dem Alter ihrer eigenen Großmütter reicht die Verhaltenspalette von bösen Blicken bis zu übelsten sexistischen Sprüchen und Brüllereien.

Die Aggression, die darunter zu spüren ist, ist für mich kaum aushaltbar, auch wenn ich das nach außen natürlich nicht zeige. Das Mustern und Starren allein ist schon ein Affront, den sich bei den weiblichen Angehörigen dieser Jungens wahrscheinlich kein fremder Mann einfach so erlauben dürfte, ohne gleich die Familienehre zu verletzen. Die Geräuschkulisse tut ein Übriges. Das Testosteron spritzt den jungen Herren regelrecht aus den Ohren, sie sind die Könige der Welt, wie sie da den hinteren Teil des Busses okkupieren, mit einer Selbstverständlichkeit, die Rückschlüsse auf eine gewisse anerzogene Anspruchshaltung ziehen ließe, wüsste man es denn genauer.

Ich habe nun aber auch den Vorteil, eine große Frau zu sein, und es fällt mir bei aller Aggression denn auch schwer, junges Gemüse wirklich ernst zu nehmen, dessen gegelte Haare mir knapp bis zum Kinn reichen. Da hilft auch der coolste Blick nichts. So starre ich dann penetrant zurück, lasse abmessende Blicke über Baggypants und pickelige, beflaumte Gesichter gleiten und sehe oftmals in diesen Situationen einen Hauch von Unsicherheit in den Augen aufblitzen.

Diese Ambivalenz beschäftigt mich. Wie ist es möglich, zugleich Angst und Verachtung gegenüber solch jungen Menschen zu spüren? Und wo bleibt mein Mitgefühl, wo die Annahme, dass sie einen souveränen Umgang mit den eigenen Gefühlen wohl nicht beherrschen und nur deshalb so überkompensieren? Ich weiß es nicht.

Ich habe durchaus Angst davor, dass ich vielleicht eines Tages einmal zu viel abgeschätzt und hingeschaut habe und möglicherweise die Konsequenz ist, dass ich eins auf's Maul bekomme. Aber in das bei ihnen übliche Rollenbild des verschüchterten, verschleierten Weibchens mag ich mich von diesen Machos auch nicht pressen lassen, irgendwo ist eine Grenze.

Gut, dass ich auf dem Land lebe. Sonst hätte ich mich wahrscheinlich den herrschenden Verhältnissen schon längst anpassen müssen, und auch direkte Zurück-Blicke wären mir nicht mehr möglich, ohne um Leib und Leben fürchten zu müssen.

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Dienstag, 30. März 2010
Fundstück, oder: Was wurde wohl aus Finchen?
Brave Bürgerin, die ich nun einmal bin, kehrte ich frühlingspflichtgemäß vor Kurzem das letzte Laub vom Gehweg. Zu den Dingen, die sich außerdem noch in unserer störrischen Ligusterhecke verfingen, gehörten außer Eichenlaub auch Zellophan von Zigarettenschachteln, Kippen, Süßigkeitenpapier und an diesem Tag ein Stückchen Kinderliteratur, das der Wind aus einer Papiertonne in der Umgebung mitgenommen haben musste:



Der Einblick, den mir dieser Fetzen in die erzählte Geschichte gab, war auf den ersten Blick nicht besonders groß. Da ist offenbar eine kindliche Hauptperson mit Namen Finchen, die auf dem Wege ist, von ihrer Mutter am Ende des Tages ins Bett gesteckt zu werden.

Obwohl mir nur dieses eine Fragment in die Hände fiel, wurde ich aber doch schlauer. Nämlich im Bezug auf die, wenn auch charmant verpackten, Rollenvorstellungen, die für kleine Mädchen als passend erachtet werden.

Ich erfahre, dass Finchen gern malt, und das macht sie richtig ordentlich, so wie es sich gehört. Sie bricht keine Stifte ab, legt sie in der richtigen Reihenfolge zurück in die Schachtel, und vor allem, sie kritzelt nicht! Finchen malt Kutschen mit Prinzessinnen drin. Und dazu ein paar Soldaten, die die Kutsche eskortieren.

Irgendwann mal hat die Malerei, bei aller Ordnung, ein Ende, und Finchen muss ins Bett. Und da soll sie vor allem nicht zappeln. "Lieg still jetzt!" mahnt die Mutter. Weil sie ja eine ordentliche Mutter ist und sich kleine Mädchen das Still-Liegen nicht früh genug angewöhnen können.

Dann schließlich, kurz vor dem Einschlafen, sagt Finchen zu ihrer Mutter, dass sie mal Soldat werden wolle. Was ihre Mutter quittiert mit einem "Ich dachte, Du wolltest Balletttänzerin werden?" Was Finchen dann antwortete, darüber fehlt mir leider die Kenntnis. Aber angesichts der soldatischen Ordnung in ihrem Stiftekasten hätte Finchen sicher gute Voraussetzungen gehabt.

Wieso eigentlich, frage ich mich, heißt eine Hauptfigur Finchen? Was ist die unverniedlichte Form davon? Fiona, Finja, Philippa? Im englischen Original heißt das Mäd-chen immerhin noch Josie, nicht Josiely.

Rezensionen, die ich über die Bücherreihe las, lobten in den höchsten Tönen die Abbildung der kindlichen Realität durch die Autorin. Ein kleines, altersgemäß ein wenig egozentrisches Mädchen, das die Höhen und Tiefen eines typischen Mädchenlebens erlebt.

Aber was ist ein typisches Mädchenleben? Wann immer ich kleinen Mädchen begegne (was nicht so selten geschieht), bin ich entsetzt über das Ausmaß des zarten, rosafarbenen Prinzessinnentums. Ja ja, ich höre schon die empörten Elternstimmen... "Daran kann man nichts machen als Eltern, die sind so!" oder "Wenn sie's nicht zuhause lernen, dann spätestens im Kindergarten, da sind alle Mädchen so!" oder "Wieso, ist doch süß!" oder "Sie wollen das so, sie brauchen das so, sie sind eben Mädchen!" Jedesmal, wenn die Omas meinen Nichten zu irgendwelchen Festen Schminksets schenken, könnte ich schreien vor Entsetzen.

Klar hatte ich auch meine Barbiephase, so mit zwölf, dreizehn. Aber es war eine Phase, und ich lief mitnichten im zarten Alter von sieben Jahren fast täglich mit lackierten Nägeln und in rosa Rüschen herum. Mein Schulranzen war rot und hatte keine Glitzerprinzessin vorne drauf. Gestorben bin ich nicht daran.

Der mir zufällig zugewehte Fetzen Kinderliteratur ist wohl, verglichen mit all den Lilifees und Zauberprinzessinnen, den Ballettmädchen und Blütenelfen auf dem Spielzeug- und Lesemarkt noch eher harmlos, ja fast schon revolutionär. Schließlich will ja die Kleine immerhin mal fünf Minuten lang Soldat werden (wobei das in Sachen Berufswahl wohl nicht zwangsläufig ein Fortschritt ist). Es gibt die Biologisten, die in der Tat so argumentieren, dass sich Mädchen eben naturgegebenermaßen mehr für Brutpflegespielzeug, soziale Bindungen und für die eigene Attraktivität interessieren. Wieso also sollte man diese zarten, hübschen Geschöpfe mit Spielangeboten konfrontieren, die dieser Zuschreibung nicht entsprechen? Den Tag über schön ruhig malen (dabei aber bitte nicht über die Linien kritzeln) und abends im Bett nicht zappeln... Das zementiert, was manche Menschen als unverrückbare Rolle für Mädchen und Frauen postulieren.

So habe ich auch schon lernen dürfen, dass mein Neffe ein "richtiger Junge" ist. Er ist zwar erst anderthalb, aber er spielt schon jetzt viel lieber mit Autos. Kein Wunder, denn mit allem, was glitzert und funkelt sind ja schon seine beiden älteren Schwestern beschäftigt.

Lesebücher allein prägen zum Glück noch keinen Charakter. Spielzeug auch nicht. Dennoch ist eine starke Tendenz vorhanden, und es wird immer wieder eifrig gestritten, wie das denn nun eigentlich ist: Will das kleine Mädchen von Natur aus am liebsten eine Fee oder Prinzessin sein, oder will vielleicht der Spielzeugfabrizierer von Natur aus am liebsten nur immer mehr Glitzerzeug absetzen?

Ich habe letzte Weihnachten meinen Nichten auch Literatur geschenkt. Ronja Räubertochter. Damit sie lernen, dass kleine Mädchen nicht immer nur still und ordentlich und maximal vielleicht ein bisschen trotzig sein dürfen, sondern dass ein Mädchen fluchen darf wie ein Besenbinder, die eigenen Kräfte probieren, auf den Vater wütend sein und furchtlos durch Wälder klettern.

Wahrscheinlich ist auch die Auswirkung dieses Buches nicht allzu groß, und die Mädchen werden eben, was sie werden. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

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Sonntag, 21. März 2010
Glaubensfragen und Macht-Missbrauch
Wieder mal reibe ich mich an Religiosität. Das geschieht mir immer wieder.

Konkreter Auslöser ist diesmal die sich ausweitende Debatte über den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in Institutionen der katholischen Kirche. Angesichts dieser Vorfälle (von denen ich gut finde, dass sie endlich öffentlich diskutiert werden) kommen jetzt auch andere Fragen im Kontext aufs Tapet. Zum Beispiel, welchen Sinn, welche Funktion und welche Folgen der Zölibat in der katholischen Kirche hat. Ich finde nachvollziehbar, dass das im Zusammenhang diskutiert wird.

Gestern zappte ich und blieb dabei im SWR hängen, wo eine Wiederholung des "Nachtcafés" zu diesem Thema gezeigt wurde. Geladene Gäste waren unter anderem ein katholischer Moraltheologe, ein Opus-Dei-Vertreter, eine Ex-Nonne, die in Afrika Kondome verteilt und sich damit den Unmut der katholischen Kirche zugezogen hatte, ein von der Kirche geschiedener und mit einer Frau verheirateter Ex-Priester, ein schwuler evangelischer Pfarrer, eine Psychologin, ein atheistischer Schweizer Professor. Diese Menschen diskutierten über Begriffe von Sünde, über den Sinn und Zweck kirchlicher Moralauffassungen, über die vermeintlichen Ursachen des Missbrauchs. Natürlich war der Satz heißer Ohren mit inbegriffen.

Was mir besonders ins Auge fiel war die Argumentationsnot der Hardliner. Die Religionskritiker hatten für die meisten Ihrer Aussagen Grundlagen, anhand derer man zumindest nachvollziehen konnte, wie sie zu ihrer Haltung gekommen waren, auch wenn man vielleicht inhaltlich nicht übereinstimmte. Insbesondere die Vertreter der katholischen Kirche zogen sich aber immer gern zurück auf solche Dinge wie die "natürliche Ordnung zwischen Mann und Frau" und auf "Sittenwidrigkeit", und wenn inhaltlich gar nichts mehr half, rechtfertigte man sein eigenes stures Festhalten an bestimmten Aspekten mit der "Tradition der Kirche" und damit, eine zu fortschrittliche Haltung würde die Kirche spalten. Zum Beispiel, wenn man Frauen im Priesteramt zuließe.

Warum erzähle ich das alles... Weil mir wieder mal ins Auge gefallen ist, wie eklatant die christliche Kirche (und ich denke, da sind andere Religionen bisweilen keinen Deut besser) an der Lebensrealität der Menschen vorbeischießt. Eine religiöse "Gemeinschaft" propagiert die Nächstenliebe, verdammt aber zugleich diejenigen ihrer Mitglieder, die sich nicht an künstlich geschaffene Regeln halten wollen. Sie stempelt diejenigen zu "Sündern", die lediglich ihrem gesunden Menschenverstand und ihrem Menschengefühl folgen.

Ich finde das gefährlich, weil in diesem Zusammenhang Menschen in ein Dilemma geraten. Gerade diejenigen, die mit strengen religiösen Regeln aufgewachsen sind, müssen zwangsläufig in einen enormen Konflikt kommen, wenn es dann ans Fühlen geht. Die lebenswirklichen Gefühle stehen oft in so hartem Kontrast zum Katalog des Erlaubten, dass das viele Menschen in einen tiefen Abgrund stürzen kann. Unter diesem zweiseitigen Druck gipfelt das Verhalten so mancher Menschen dann in Macht-Missbrauch zur Kompensation der eigenen Unzulänglichkeitsgefühle. Wie praktisch, wenn zum Ausleben der diesem Machtvakuum entspringenden Bedürfnisse dann gerade ein paar Kinder oder Jugendliche zur Verfügung stehen, die sich nicht wehren können.

In meinen Augen ist das, was jetzt an Missbrauchs- und Gewalthandlungen der Vergangenheit in der katholischen Kirche aufgedeckt wird, nur das logische Resultat eines Glaubenssystems, das sich hervorragend zur moralischen Erpressung und Machtausübung an Menschen eignet. Was die Taten um nichts in der Welt rechtfertigen soll (für solch ein Handeln gibt es keine Entschuldigung), aber vielleicht zu Bedenken gibt, dass keiner als übler Täter auf die Welt kommt.

Der Opus-Dei-Mann warf in der Diskussion um den Missbrauch ein, es sei unangemessen, die katholische Kirche nun so schlecht darzustellen. Denn man müsse ja auch in Betracht ziehen, dass sich die Kirche überall auf der Welt karitativ engagiere, Straßenkindern helfe, Krankenhäuser einrichte und so weiter. Also Nächstenliebe praktiziere. Ich finde es bemerkenswert, dass diese durchaus für sich stehenden guten Taten zur Erstellung einer Kosten-Nutzen-Rechnung verwendet werden. So manchem missbrauchten Menschen wird sich bei dieser Art der Bilanzierung wohl erst Recht der Magen umdrehen. Wie viele gerettete Straßenkinder bräuchte es wohl, um einen Missbrauch aufzuwiegen? Die Formel dafür hat der Hardcore-Katholik leider nicht geliefert. Vielleicht, weil er wusste, dass ein solches Eis dünn ist.

Jemand sagte in dieser ganzen turbulenten Diskussion: "Was Jesus gewollt hat, das können Sie doch gar nicht wissen!" Er nahm damit Bezug auf die äußerst dürftige Begründung für die katholischen Moralgesetze via Traditionen, Konzilbeschlüssen und ähnlichem, die sich schlicht am wirklichen Leben der Menschen nicht mehr orientieren.

Besonders auffällig finde ich die Reglementierung jeglicher Sexualität, insbesondere aber der weiblichen. Um Religiosität geht es hier meiner Auffassung nach schon längst nicht mehr. Es geht um die Kontrolle zwischenmenschlicher Beziehungen und um die Kontrolle von Reproduktion und Erziehung. Also, summa summarum, um die Kontrolle des Menschen. Die Lebens- und Lustfeindlichkeit der katholischen Kirche ist eklatant. Die Starrheit ihrer Gesetze und der mangelnde Wille zur Veränderung spiegeln in besonderer Weise das Ausmaß der Angst wider, die dort herrschen muss, die Schäfchen nicht mehr kontrollieren zu können. Daran wird schließlich auch deutlich, was diese Institution ist: Ein hierarchisch gegliederter Herrschaftsapparat, in dem zwischenmenschliches Miteinander nur in einem klar abgegrenzten und reglementierten Raum seinen Platz hat. Interesse am Menschen nur insoweit, wie diese Menschen das höhere Interesse des Machterhalts bedienen.

Selbstverständlich gibt es innerhalb dieses Gefüges eine Menge Leute, die Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe tatsächlich praktizieren, interessanterweise sind dies dann aber gern die Selbstdenker, die Hingeher und Hingucker, die Macher. So wie die ehemalige Nonne, die sich dann irgendwann fragen musste: "Was ist falsch daran, zum Schutz der Menschen Kondome auszuteilen? Schließlich ist es eine Form der Sorge für die Menschen!"

In dieses Gesamtbild reiht sich auch die Verweigerung der katholischen Kirche ein, für die Missbrauchs-Geschehnisse Verantwortung zu übernehmen. Immer noch wird das Problem als eines aufgefasst, das sich auf moralisch verwerfliche Einzeltäter beschränkt, nicht als ein systemisches. Denn das würde bedeuten, man hätte sich mit den Ursachen auseinanderzusetzen, die so unfassbar schreckliches Verhalten hervorbringen wie einen reihenweisen Kindesmissbrauch. Eine solch fundamentale Selbstkritik würde von der Kirche, wie wir sie jetzt kennen, vielleicht nicht mehr viel übrig lassen. Möglicherweise wissen die entsprechenden Würdenträger, dass es für eine Reform schon längst zu spät ist und mehr Späne beim Hobeln fallen würden, als man vertragen könnte.

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Freitag, 12. März 2010
Ansprüche
Manchmal verstehe ich die Frauen nicht, auch wenn ich selbst zur weiblichen Hälfte der Bevölkerung zähle. Manchmal verknotet sich mir das Gehirn angesichts so viel Kompliziertheit und Komplikation.

Was ich vor allem nicht verstehe sind die Ansprüche, die so manches Prinzesschen hat. Ich will da nicht verallgemeinern, denn ich glaube wirklich, dass es eine Menge am Boden gebliebener Frauen gibt, die wirklich auch noch lebenspraktisch sind. Aber es gibt eben auch diese Schneewittchen-Version, die ich irgendwie nicht begreife.

Es gab im Buchhandel mal eine Blechdose zu kaufen (was drin war, weiß ich nicht mehr genau), die beschriftet war mit "Traummann zum Selberbacken". Einigen Studienfreundinnen hätte ich die damals schenken können. Stundenlanges Lamentieren habe ich mir anhören müssen - entweder über die Einsamkeit (die zugegebenermaßen schrecklich sein kann) oder über die menschlichen Makel der männlichen Kandidaten, die auf der Bildfläche auftauchten. Die tauchten meistens auch schnell wieder ab, weil sie signalisiert bekamen, definitiv nicht perfekt genug zu sein.

Ich sehe ja ein, dass Nerds mit Blassgesicht, Pferdeschwanz und langem, schwarzem Kunstledermantel nicht unbedingt Optimalkandidaten für eine intime Beziehung sind. Aber es stand eigentlich schon immer felsenfest fest, wer der Optimalkandidat war. "Der da auf jeden Fall nicht...!!!" Derjenige welche konnte noch so nett sein, irgendeine Macke hatte er immer. Abstehende Ohren. Einen komischen Musikgeschmack. Er mochte keinen Prosecco. Hatte den falschen Beruf. Oder eine zu nette Ex-Freundin. Oder sah Brad Pitt nicht ähnlich genug. Oder mochte kein Sushi. Oder, noch schlimmer, er hat sich die Zehennägel geschnitten. In ihrer Gegenwart!! Bla, bla, bla...

Dabei sind besagte frühere Studienfreundinnen noch nette Mädels. Die Zickenversion ist noch eine Nummer schlimmer. Ich meine, im Kontext der heillosen Romantisierung von Partnerschaft und Ehe erscheinen manche himmelhohen Erwartungen zumindest logisch. Aber man kann sich schon fragen, was die Frau eigentlich will. Am meisten regt mich auf, wenn solche Sprüche kommen wie "Er soll mich auf Händen tragen!" oder "Er soll mich ohne Worte verstehen!" Und dann bitte noch genügend Geld für eine Spülmaschine haben, damit sich Schneewittchen nicht die kunstbenagelten Hände schmutzig machen muss - denn selber spülen soll er natürlich auch wieder nicht, das wäre denn doch zu weich.

Aber auch wenn es nicht ganz so zickig ausfällt, frage ich mich oft, woher dieser Perfektionsanspruch kommt. Ich hatte schon in so manchem Gespräch unter Frauen den Eindruck, dass die Mädels so auf den "Richtigen" fixiert sind, dass kein einziger Mann aus Fleisch und Blut auch nur den Hauch einer Chance hat. Zugleich sind sie aber auch sehr fixiert auf ihre Suche. Ich weiß nicht, ob das nach langen Jahren des Single-Daseins zwangsläufig so ist, aber vor lauter Prüfen und Suchen sind die Damen bisweilen so wenig bei sich selbst und so wenig authentisch, dass sie schon zwangsläufig fast abschreckend wirken müssen.

In solch einer Lage geht es gar nicht mehr um die Begegnung zwischen zwei Menschen. Es geht um Marktwerte, um den eigenen und den des Mannes. Zugleich finde ich auch, das sagt noch immer viel über die Position und auch die Selbstwahrnehmung dieser Frauen aus - ihr ganzes Sehnen und Schmachten richtet sich auf den herangaloppierenden Prinzen, den optimalen Vater für die Kinder, den einzigen, wahren Menschen in ihrem Leben. Ich empfinde es als kein Zeichen von Emanzipiertheit, wenn die Damen fordern, von den Männern auf Händen getragen zu werden, im Gegenteil. Es verhindert eine Begegnung auf Augenhöhe. Zurückgezogen im Dornröschenschloss aufs Wachgeküsst-Werden zu warten verhindert das Leben, die eigene Entwicklung. Und es ist so verdammt langweilig, dass es mich nicht wundert, dass manche Damen der Schöpfung ewig warten.

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Freitag, 26. Februar 2010
Volks-Verdummung
Wann hat sich eigentlich die Unsitte eingeschlichen, dass alle möglichen Produzenten aller möglichen Produkte für dieselben (in Kooperation mit Deutschlands meistfrequentierter Boulevardzeitung) mit dem Slogan "Volks-" Irgendwas werben?

Neulich stolperte ich über einen Spot, der für Melissengeist warb, und das doch allen Ernstes mit dem Prädikat "Volks-Arznei". Ah... ja! Wahrscheinlich soll damit die Nähe zum lediglich schmal betuchten Endverbraucher hergestellt werden. Ich sehe schon vor meinem geistigen Auge lauter glückliche Konsumenten, die strahlend und gänzlich ungebeugt von den sonst so quälenden Zipperlein mit Kräuterextrakt-Flaschen durch die Straßen wandeln. Ganz ohne jegliche Spur von Rheumatismus. Wir gehen in diesem Land definitiv besseren Zeiten entgegen, seit es auch "Volks-Arzneien" gibt.

Dabei war ja schon die "Volks-Zahnbürste" ein Knüller, suggerierte sie doch dem Konsumenten, dass er sich um seine Zahngesundheit fürderhin keine Sorgen mehr machen müsse. Schließlich käme ja mit der "Volks-Zahnbürste" ein Produkt auf den Markt, das endlich, endlich mit der Klassengesellschaft in Sachen Zahnpflege aufräume und die bislang neureichen Yuppies vorbehaltene elektrische Zahnbürste aus ihrem Enklaven-Dasein in Designer-Badezimmern befreite. Jetzt können sich - "Volks-Zahnbürste" sei Dank - auch Enrico, Cindy und Schantalle ordentlich die Zähne putzen.

Ach ja, und dann gab's da noch die "Volks-Waschmaschine" und das "Volks-Fahrrad". Alles das bekommt dann noch ein hübsches schwarz-rot-weißes Logo mit hohem Wiedererkennungswert. "Wie hübsch", wird sich manch einer denken, "endlich denkt auch mal einer an mich!" Denn das ist es ja, was den Standard-Stammtischsitzer am meisten auf die Palme bringt: Das Gefühl, permanent vernachlässigt und verkannt zu werden. Volkes vermeintliche Stimme, das besagte Boulevard-Blatt, greift diese Tendenz zugegebenermaßen nicht ganz ungeschickt auf und vermittelt dem - natürlich ständig zu kurz gekommenen - Leser: "Hier ist was, das ist tatsächlich für Dich! Für Dich, der Du Dir nicht einfach alles leisten kannst, machen wir, die An-Dich-Denker, Produkte erschwinglich! Wir sind Dir nah, wir verstehen Dich! Komm kuscheln, armer Wurm!" Da kriegt man doch unverzögert das Gefühl von Bodenständigkeit, gutem deutschen Handwerk und sicheren Werten. Jawoll, wir sind wieder wer...!!

Dass die mit dem "Volks-" Prädikat versehenen und beworbenen Produkte genau derselbe Krempel sind, der auch sonst ganz normal im Laden verkauft wird, spielt dabei keine Rolle. Spielt auch keine Rolle, wer das herstellt, wo und unter welchen Bedingungen. Schon gar keine Rolle spielt es, ob man das wirklich braucht. Wer soll da schon widerstehen, wenn einem so liebevoll die Hand hingereicht wird. Ja, Mensch, da schert sich nochmal jemand um die Volks-Gesundheit. Um meine Zahngesundheit, mein körperliches Wohlbefinden, meine porentiefe Reinheit. Leute!! Das ist doch toll!!

Ich bin dann gleich mal weg, einkaufen. Ich streife mir meinen Volks-Parka über, spanne den Volks-Schirm auf und stiefele los. Packe mir Volkskekse und Volks-Knäckebrot und Volks-Äpfel in meinen Einkaufswagen, und wenn ich wieder zuhause bin, überbacke ich mir in meinem Volks-Backofen einen Toast Hawaii mit echter Volks-Ananas (ist ja sooo schön exotisch). Und abendlich setze ich mich dann vor meinen Volksempfänger und höre ein bisschen Deutschlandradio.

Wer sich das Besondere nicht leisten kann, dem biete das Banale als etwas Besonderes an...! Kerniger lässt sich Marketing fürs Volk wohl kaum betreiben.

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Donnerstag, 18. Februar 2010
"Darf man Kinder schlagen...?" - Teil II
Heute morgen auf dem Weg zur Arbeit saß ich im Bus, hatte mir die Ohren mit Kopfhörern zugekorkt und war insgesamt recht abwesend, während die Häuser und Lichter an mir vorbeistreiften.

Am zentralen Busbahnhof stieg eine kräftige, blonde Mutter ein, das Rucksäckchen ihres etwa zweieinhalbjährigen Sohnes in der Hand und die Busfahrkarte in der anderen. Der Kleine nahm auf dem Sitz mir gegenüber Platz und guckte mich mit großen Augen an. Keine Ahnung, warum Kinder das immer machen bei mir. Mutter setzte sich daneben, der Bus fuhr los.

Mein nächstes Lied fing an... Ich unterhalte mich unterwegs nun mal nicht gern, sondern wippe lieber gedankenverloren mit den Füßen. Das muss den Kleinen irritiert haben, denn er guckte, zeigte dann mit seinem winzigen Finger auf mich und sagte irgend etwas, das ich wegen der Musik nicht verstand.

Für das Zeigen bekam er denn aber auch prompt von seiner Mutter einen Schlag auf die Hand. Habe ich da irgendwas nicht verstanden?

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Donnerstag, 21. Januar 2010
"Saving Haiti"
Dank des digitalen Satellitenfernsehens habe ich jederzeit Zugriff auf die bunte Gewinnpalette des öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehens inklusive ausländischer Nachrichtensender.

Von den hiesigen Sendern ist man ja einiges gewöhnt. Es ist schon allein bemerkenswert, was dort erkoren wird, Nachrichtenwert zu haben und was nicht. Katastrophen haben Nachrichtenwert, so viel steht mal fest. Von den Amerikanern übernommen ist die eigenartige Angewohnheit, alles mit "Breaking News" zu betiteln (womit man nicht sagen will, dass diese Art Nachrichten zum Brechen sind, obwohl das durchaus manches Mal zutrifft...). Auch aus Übersee kommt der Tick, für jede größere Begebenheit (und Katastrophen hier besonders gern) eine schlagfertige kleine Überschrift zu finden, die man dann in roter Fettschrift dauerhaft in einer Ecke des Bildes eingeblendet lässt. Das liest sich dann so: "Das Stadtarchiv-Drama von Köln" oder "Der S-Bahn-Held von München". Dass das auch akustisch geht, bewies ein Radiosender, in dem er einen musikalisch entsprechend nach Weltuntergang klingenden Jingle eigens für das ICE-Unglück in Eschede anfertigen ließ: Bamm, bamm, bamm, bam-bam-ba-bam... DAS Zugunglück von Eschede... Ba-Bamm!!! Die Botschaft, die das vermittelte, war: "Aufgemerkt, aufgemerkt, Ihr treuen Einwohner von Hintertupfingen! Die bärtige Dame ist passé, denn wir haben einen zermatschten Zug!!"

Als ich beim Zappen auf CNN hängen blieb, prangte in dem besagten kleinen Kästchen zwischen Laufschrift und gestylter Moderatorin der Schriftzug "Saving Haiti". Irgendwie fand ich das besonders toll. Klang nach Filmtitel à la "Saving Private Ryan". God's Own Country rettet gleich ein ganzes Land - mal wieder. Irgendwie verzerrt, diese Sichtweise. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Menschen, die sich das Elend vor Ort angesehen haben, sich selbst noch guten Gewissens als Retter bezeichnen können. Das ist mal wieder reichlich arrogant. Aber "Trying to help Haitian people" klingt halt auch nicht ganz so spektakulär.

Kleines Rezept für Quoten: Man nehme einen schmissigen Slogan, gebe den Zuschauern eine Prise von dem Gefühl dazu, etwas Besseres zu sein, mische dazu ein Bild von einem mageren Kind mit großen, tränenerfüllten Augen und suggeriere zum Schluss, das Ganze sei eigentlich doch ganz leicht verdaulich - Voilà!

Eigentliches Thema verfehlt, setzen, 6!

Wahrscheinlich ist es müßig, sich über die Nachrichtenpraxis der westlichen Welt zu mokieren. Trotzdem ist es mir lieber, mir fallen von selbst immer noch weltweite Themen ein, die eine Laufschrift im deutschen Nachrichtenfernsehen eher verdient hätten als die Tatsache, dass auf Haiti auch eine Deutsche ums Leben kam.

Meine Musik des Tages:
Tori Amos - Caught a lite sneeze

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Mittwoch, 23. Dezember 2009
"Darf man Kinder schlagen?"
§ 1631 Inhalt und Grenzen der Personensorge

(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.


So steht es im BGB.

Ich tat es mir heute mal an und googelte nach den Stichworten "Kinder schlagen". Unter den Treffern waren etliche Foren-Threads, und es drehte sich mir beim Lesen in höchstem Maße der Magen um.

Natürlich sind unter den Schreiberlingen immer wieder diejenigen tapferen Verfechter der Gewaltlosigkeit in der Erziehung, die auf Fragen wie "Darf man Kinder schlagen?" antworten: "Nein, das darf man auf keinen Fall, es demütigt das wehrlose, unterlegene Kind und fügt ihm Schmerzen zu!" Das muss man hier der Fairness halber anmerken. Allerdings waren besagte Stimmen in der Unterzahl.

In der Überzahl waren (um den Kindern - so wörtlich - "Manieren beizubringen"):

"Natürlich darf man Kinder schlagen. Es ist vollkommen egal, was im Gesetz steht."

"Kinder "schlagen"(Anführungszeichen im Original) ist eindeutig nicht förderlich. Aber es kommt auf das Kind an."

"Ich glaube, Autorität kann man nicht nur durch Worte erzeugen, und dass man auch mal eine geklatscht bekommen darf."

"Ein Klaps ab und zu ist nicht schön, aber vertretbar."

"Eine Watschn hat noch niemanden geschadet und ist sicher auch mal angebracht."

"Es kann durchaus sinnvoll sein, seine körperliche Überlegenheit als Erwachsener gegenüber dem Kind auszuspielen."

"Wenn dann wirklich mal die Hand ausrutscht, ist es sicher keine tolle pädagogische Maßnahme, aber es bringt das Kind nicht um und zeigt trotzdem oftmals die erhoffte Wirkung."

"Manchmal lässt sich ein Klaps auf den Po nicht verhindern. Ich glaube auch, dass noch kein Kind daran gestorben ist. Ich habe drei Söhne und alle haben mal was auf den Po bekommen, wenn das sein musste. Es hat ihnen nicht geschadet."

"Ich halte den einen oder anderen Klaps für erzieherisch äußerst wertvoll (Grenzen setzen)."

"Ein paar hinter die Ohren können nun wirklich nicht so schädlich sein. Manche Menschen bzw. Kinder muss man halt zu Ihrem Glück zwingen. Es gibt Leute, die ab und zu mal einen Arschtritt benötigen. Oder nicht??"

"Wenn es eben anders nicht mehr geht, kann man den/die Kleine(n) mit einem kleinen oder größeren Hieb wieder auf die richtige Bahn bringen!"

"Ich finde, dass man Grenzen aufzeigen muss. Wenn die Worte einfach abprallen und nichts bewirken, auch wenn man es tausendmal sagt, dann hat ein Klaps auf den Hinterkopf mit Sicherheit auch seine Wirkung.

"Ich sehe kein Verbrechen darin, einem Kind mal eine zu klatschen."

Und zugleich wurde auch die Quelle des Übels ersichtlich:

"Ich bekam halt die klassische Ohrfeige, und geschadet hat es definitiv nicht. Das hat mir sehr schnell und einprägsam die Grenzen aufgezeigt."

"Wenn schlechte Schulnoten heimgebracht wurden, dann packte Mama ihr finsteres Gesicht aus und zog schon mal (gemäßigt) durch. Was ich sagen will:
Ausgewogene Erziehungsmaßnahmen: Ja!"

"Ich habe auch ab und zu einen Klaps bekommen... Einmal sogar einen Fußtritt. Wofür, das weiß ich gar nicht mehr, aber den hab ich mir gemerkt."

"Ich hab früher auch mal etwas hinter die Löffel bekommen, nachdem ich Fehler gemacht habe, und finde es heute auch in Ordnung."

"Die Schläge, die ich kassiert habe mit dem Teppichklopfer, Stock, Fäuste, die kann ich nicht an einer Hand abzählen, auch nicht an zwei oder drei. Mir haben die nicht geschadet."

"Meine Eltern haben mich geschlagen. Ich könnte aber nicht sagen, dass mir die Gewalt, die meine Eltern mir zugefügt haben, geschadet hat. Natürlich war ich in dem Moment, als ich die Schläge gekriegt habe, auch sauer auf meinen Vater, aber jetzt, im Nachhinein sehe ich nur positive Aspekte daran."

"Ich habe Schläge bekommen bis zu meinem 16. Lebensjahr. Nachdem ich dann einmal zurückgehauen habe, hatte sich das erledigt. Ich verstehe mich super mit meinen Eltern, und bin dankbar für alles, was sie für mich getan haben."

Nett auch die "gewaltärmere" Entgleisung der Mutter eines Sohnes:

"Wenn er immer noch weiter macht, dann bekommt er kleine Klapse auf die Finger, die nicht weh tun, sondern nur leicht merkbar sind. Oder er bekommt ein leichtes Schnipsen hinters Ohr. Er weiß mittlerweile, dass er etwas falsch gemacht hat, wenn sowas kommt. Deswegen reagiert er heute schon, wenn ich "Nein" sage. Schläge kann man das also kaum nennen, und trotzdem schaffe ich es so, das mein Kind auf das hört, was ich sage."

Ich lasse das alles mal so stehen. Guten Appetit.

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Montag, 7. Dezember 2009
Lebensgefährlich
Als ich herzog, war ich begeistert über die gut ausgebauten Radwege. Ich liebe mein Rad über alles und hatte endlich die Möglichkeit, sicher und komfortabel quer durch die Stadt zu kommen, anstatt zwischen LKWs auf der Fahrbahn auf grünes Licht warten zu müssen.

Zuweilen ist Fahrradfahren dennoch lebensgefährlich.

Ich verstehe zu gut, dass man als motorisierter Verkehrsteilnehmer schnell mal einen Radfahrer übersieht. Vor allem dann, wenn - wie mehrfach live und in Farbe beobachtet - die Teenager auf dem Weg zur Schule weder daran interessiert sind, in der richtigen Richtung zu fahren noch den Dynamo einzuschalten. Den Blick haben sie ohnehin lieber auf dem Display des Handys anstatt auf der Straße. Ich verstehe, dass auch ein Autofahrer nicht mit allem rechnen kann.

Trotzdem... Ich gebe mir alle erdenkliche Mühe, sichtbar zu sein. Ich habe Leuchtstreifen an den Hosenbeinen und an den Fahrradreifen und schalte mein Licht an. In ganz egoistischem Interesse, denn meine Knochen sind leider, leider zerbrechlicher als Autoblech.

Heute morgen fing sich dann aber doch eine nette Dame von mir den freundlichen Finger. Ihre aus einer Ausfahrt hervorschnellende Motorhaube zwang mich zum abrupten Ausweichen auf die Straße, und ich hatte Glück, dass dort nicht auch noch etwas fuhr. Ich kann es einfach nicht ausstehen, dass es letztlich immer wieder nur meiner eigenen Vorsicht und meinem Reaktionsvermögen zu verdanken ist, dass ich mir nicht alle Knochen breche.

Prinzipiell bin ich eher der pflegeleichte Typ, aber wenn das noch oft passiert, werde ich irgendwann von meinem Rad absteigen, mir ein paar spitze, scharfe Reißzähne wachsen lassen und den Verursacher oder die Verursacherin so abgrundtief böse angrollen, dass er oder sie sich wünscht, lieber auch mit dem Rad gefahren zu sein.

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