Dienstag, 20. September 2011
Marmeladen-Massaker
Am 20. Sep 2011 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Der Garten ist zu rund 80 Prozent ein Ziergarten. Zwischen dem Unkraut wachsen Funkien und Chinaschilf, Frauenmantel, Zaubernuss, Lupinen und lilafarbene Iris. Das Kräuterbeet leidet unter einem deutlichen, wörtlich zu nehmenden Übergewicht des sehr alten Lavendelstocks, der, so plane ich, demnächst das Zeitliche segnen wird. Dann hat der ohnehin schon forsche Thymian noch mehr Platz, sich auszubreiten. Ich gebe mir keine übertrieben große Mühe mit der Instandhaltung, was eigentlich ein bisschen schade ist. Andererseits war mir diese spießbürgerliche Mentalität, derzufolge im Garten alles hundertprozentig gerade zu stehen hat und der Rasen mit der Nagelschere geschnitten wird, immer zuwider. Also wachsen aus meinem Rasen Löwenzahn, Hornveilchen und hinter der Garage rosa Stockrosen in der fünften Generation.
Die roten Johannisbeeren fallen jedes Jahr den Vögeln anheim, bevor sie auch nur reif genug sind, um sie zu pflücken. Ich fechte da auch keine Kämpfe aus. Ich mag keine Gardinen über den Büschen, da überlasse ich lieber die Ernte dem Flügelvolk. Hingegen der Holunder, der vom Nachbargrundstück aus durch den Maschendraht wächst und dort allenfalls seine Wurzeln hat, sich mit allen restlichen Bestandteilen aber dauerhaft bei uns aufhält, trägt im Frühjahr üppige, duftende Blütendolden und ergo um diese Zeit traubenweise schwarze Beeren. Da sie mir sozusagen in den Mund wachsen, wäre es vermessen gewesen, sie einfach hängen zu lassen.
Für mein Rezept brauchte ich zwei Kilo, und die gab der verwegene Strauch gerade her. Dreieinhalb Dolden blieben für die Vögel hängen. Zwei bis drei kleine Gläser Holunder-Apfel-Gelee sollten dabei herauskommen. Es war erste Mal in meinem Leben überhaupt, dass ich Marmelade gekocht habe, ich war also unerfahren und unbeholfen, quasi Marmeladen-Jungfrau. Angesichts dieser Umstände (und der Tatsache, dass nirgendwo Gelierzucker 1:1 aufzutreiben war - gibt's den überhaupt?) ist das Ergebnis recht gut geworden. Die Haltbarkeit des Eingemachten muss sich allerdings erst noch erweisen.
Das Gepflückte musste erst einmal von seinen Bewohnern befreit werden. Kräftiges Schütteln sowie das Abrebeln der Beeren mit der Gabel förderten geschätzte siebenundzwanzig Ohrenkneifer, sechs grüne Wanzen und etliche kleine Spinnen zutage. Die Belegschaft wurde samt und sonders wieder nach draußen entlassen. Dann die unreifen Beeren aussortiert - übrig blieben zwei Schüsseln voll schwarzem Gartenkaviar, der sich ausgesprochen schön anfühlte. Dazu zwei Holsteiner Cox geschält und gewürfelt, zwei Zitronen ausgepresst, Gläser und Deckel abgekocht - drei, wie es im Rezept stand...
Skeptisch war ich schon vor Beginn der Aktion angesichts der Tatsache, dass ein Liter Saft samt Äpfeln in diesen Gläschen seinen Platz finden sollte. Was dann auch nicht gelang und mich während des Kochvorgangs das gesamte Haus hektisch nach weiteren übriggebliebenen sauberen Pesto-, Apfelmus- und Honiggläsern absuchen ließ. Wohl dem, der eine Küchenschürze hat! Natürlich kochte mir das Ganze über, was einen blutroten See verursachte, der über das Ceranfeld auf die Arbeitsplatte lief und dort gelierte. Aufsaugen mit Küchentüchern war unmöglich.
Auch sonst habe ich ziemlich geschmiert, mir die Finger an den heißen Gläsern verbrannt und die Küche richtig, richtig auf den Kopf gestellt. Das alles ist aber nichts gegen das Wohlgefühl, das sich mit dem fruchtigen Duft einstellte, der die Küche erfüllte.
Dieses Duftes wegen mied der Gatte die Küche - er hat es nicht so mit Fruchtigem. Aber sobald alles unter Dach und Fach (in diesem Fall unter Deckel) war, hat er sich auch wieder hergetraut. Ich fühlte mich erinnert an die spätsommerlichen Brombeer-Sammelaktionen, die meine Schwester und ich gemeinsam mit meiner Mutter unternahmen. Hinterher kochte sie aus den gesammelten Früchten Dutzende Gläser Brombeergelee, das als Brotaufstrich genau so lange bei uns beliebt war, bis irgendwann dann Nuss-Nougat-Creme Einzug auf dem Frühstückstisch hielt.
Heute habe ich mir den Industrie-Geschmack weitestgehend wieder abgewöhnt und freue mich über das selbstgemachte Gelee, wie auch auf die nächsten drei Gläser heimischen Honigs, die ich demnächst von unserem Imker-Freund bekommen werde. Dazu eine Scheibe Rosinenweggen, und das Glück ist perfekt. Wer sowas haben kann, braucht sich nicht über den mangelnden Fruchtgehalt in Joghurts und Fruchtgummis aufregen. Es schmeckt einfach nach mehr.
Die roten Johannisbeeren fallen jedes Jahr den Vögeln anheim, bevor sie auch nur reif genug sind, um sie zu pflücken. Ich fechte da auch keine Kämpfe aus. Ich mag keine Gardinen über den Büschen, da überlasse ich lieber die Ernte dem Flügelvolk. Hingegen der Holunder, der vom Nachbargrundstück aus durch den Maschendraht wächst und dort allenfalls seine Wurzeln hat, sich mit allen restlichen Bestandteilen aber dauerhaft bei uns aufhält, trägt im Frühjahr üppige, duftende Blütendolden und ergo um diese Zeit traubenweise schwarze Beeren. Da sie mir sozusagen in den Mund wachsen, wäre es vermessen gewesen, sie einfach hängen zu lassen.
Für mein Rezept brauchte ich zwei Kilo, und die gab der verwegene Strauch gerade her. Dreieinhalb Dolden blieben für die Vögel hängen. Zwei bis drei kleine Gläser Holunder-Apfel-Gelee sollten dabei herauskommen. Es war erste Mal in meinem Leben überhaupt, dass ich Marmelade gekocht habe, ich war also unerfahren und unbeholfen, quasi Marmeladen-Jungfrau. Angesichts dieser Umstände (und der Tatsache, dass nirgendwo Gelierzucker 1:1 aufzutreiben war - gibt's den überhaupt?) ist das Ergebnis recht gut geworden. Die Haltbarkeit des Eingemachten muss sich allerdings erst noch erweisen.
Das Gepflückte musste erst einmal von seinen Bewohnern befreit werden. Kräftiges Schütteln sowie das Abrebeln der Beeren mit der Gabel förderten geschätzte siebenundzwanzig Ohrenkneifer, sechs grüne Wanzen und etliche kleine Spinnen zutage. Die Belegschaft wurde samt und sonders wieder nach draußen entlassen. Dann die unreifen Beeren aussortiert - übrig blieben zwei Schüsseln voll schwarzem Gartenkaviar, der sich ausgesprochen schön anfühlte. Dazu zwei Holsteiner Cox geschält und gewürfelt, zwei Zitronen ausgepresst, Gläser und Deckel abgekocht - drei, wie es im Rezept stand...
Skeptisch war ich schon vor Beginn der Aktion angesichts der Tatsache, dass ein Liter Saft samt Äpfeln in diesen Gläschen seinen Platz finden sollte. Was dann auch nicht gelang und mich während des Kochvorgangs das gesamte Haus hektisch nach weiteren übriggebliebenen sauberen Pesto-, Apfelmus- und Honiggläsern absuchen ließ. Wohl dem, der eine Küchenschürze hat! Natürlich kochte mir das Ganze über, was einen blutroten See verursachte, der über das Ceranfeld auf die Arbeitsplatte lief und dort gelierte. Aufsaugen mit Küchentüchern war unmöglich.
Auch sonst habe ich ziemlich geschmiert, mir die Finger an den heißen Gläsern verbrannt und die Küche richtig, richtig auf den Kopf gestellt. Das alles ist aber nichts gegen das Wohlgefühl, das sich mit dem fruchtigen Duft einstellte, der die Küche erfüllte.
Dieses Duftes wegen mied der Gatte die Küche - er hat es nicht so mit Fruchtigem. Aber sobald alles unter Dach und Fach (in diesem Fall unter Deckel) war, hat er sich auch wieder hergetraut. Ich fühlte mich erinnert an die spätsommerlichen Brombeer-Sammelaktionen, die meine Schwester und ich gemeinsam mit meiner Mutter unternahmen. Hinterher kochte sie aus den gesammelten Früchten Dutzende Gläser Brombeergelee, das als Brotaufstrich genau so lange bei uns beliebt war, bis irgendwann dann Nuss-Nougat-Creme Einzug auf dem Frühstückstisch hielt.
Heute habe ich mir den Industrie-Geschmack weitestgehend wieder abgewöhnt und freue mich über das selbstgemachte Gelee, wie auch auf die nächsten drei Gläser heimischen Honigs, die ich demnächst von unserem Imker-Freund bekommen werde. Dazu eine Scheibe Rosinenweggen, und das Glück ist perfekt. Wer sowas haben kann, braucht sich nicht über den mangelnden Fruchtgehalt in Joghurts und Fruchtgummis aufregen. Es schmeckt einfach nach mehr.
Donnerstag, 8. September 2011
Malfunktion
Am 8. Sep 2011 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Vor rund anderthalb, zwei Wochen machte ich mich nach der Arbeit zu Fuß auf den Weg zur Post, um zwei Pakete abzuholen. Wenn ich zu Fuß unterwegs bin, dann meistens sehr schwungvoll. Kleine Schritte sind mein Ding nicht, was möglicherweise meiner Körperlänge geschuldet sein könnte. Entsprechend schwungvoll legte ich mich denn auch auf die Klappe. Aus heiterem Himmel sah ich mich unaufhaltsam und in Zeitlupe stürzen und fand mich dann mit schmerzenden Knien und Handballen auf dem Pflaster des Fußwegs wieder wie ein sterbender Schwan. Ein lautloses "Au!" verließ meine Lippen, das der Busfahrer las, der an der Ampel wartete, die ich eigentlich gerade hatte überqueren wollen. Er formte zurück: "Alles in Ordnung?", und ich nickte.
Die Jeans blieben heil, die Knie und Hände nicht. Bagatelle - der Mitarbeiter am Postschalter versorgte mich mit Heftpflaster, und ich habe gutes Heilfleisch. Man sieht es kaum noch. Aber was zum Henker ist los mit meinem linken Bein?
Das macht, was es will, oder besser: Es macht gar nichts. Als es zum ersten Mal ohne nennenswertes Hindernis am Teppichboden hängenblieb, als sei es magnetisch, wertete ich das als Zufall und/oder kleinen Stolperer, der halt mal vorkommen kann. Dann passierte mir das auch bei der Arbeit: Vom Schreibtisch aufgestanden, drei Meter gegangen, mit dem linken Bein gebremst, ohne es zu wollen. Dann dieser Sturz. Gestern stand ich vom heimischen Sofa auf und bremste auf der Freifläche vorm Fernseher. Später dann noch mal am oberen Ende der Treppe (was ich extrem ungünstig finde!). Es hat offenbar keine Lust, zu laufen. Und entscheidet sich dann spontan dazu, es auch nicht zu tun.
Mir tut nichts weh. Vereinzelte "elektrische Schläge" führte meine Ärztin auf eine allenfalls leichte Ischialgie zurück, deshalb habe ich das nicht weiter bemerkenswert gefunden. Zumal sie auch irgendwann verschwanden. So etwas ignoriere ich gern. Leichte Schmerzen im Lendenwirbelbereich gehören eh irgendwie zum Leben. Der ganze Rummel ist auch kein Wunder, wenn man bedenkt, dass ich den größten Teil des Tages sitze. Aber jetzt, da neben diesen Zipperlein ein konkreter Körperteil die Arbeit verweigert, wenn auch zaghaft und unberechenbar, da geht mit mir das Kopfkino durch. Denn Erklärungen für diese Malfunktion gibt es allerhand. Von den meisten will ich eigentlich gar nichts wissen.
Die simpelste ist wahrscheinlich auch diejenige, die zutrifft. Ich kann nicht ordentlich sitzen. Ich verknote meine Beine in geradezu absurder Weise, und der Ausdruck "übereinanderschlagen" würde eine unzulässige Vereinfachung darstellen. Dass dabei natürlich allerhand Weichteile, Nerven und Muskeln auf ungünstige Weise gequetscht, gedrückt, verdreht und verzogen werden, ist mir bewusst. Wie erzieht man sich dazu, ergonomisch anständig zu sitzen? Allerhand lustige Ratgeber predigen 90°-Winkel hier und da und parallel aufgesetzte Füße.
Mein Körper sagt mir, dass das auf Dauer unbequem ist, auch wenn mein Kopf es besser weiß. Als langer Lulatsch bräuchte man ein vernünftiges Training der Rückenmuskulatur, um das durchzuhalten. Fitness-Studio ist teuer. Bei Verordnung einer vernünftigen, langfristigen Physiotherapie pissen sich die Ärzte an. Für die nächste Woche setze ich erst mal einen Besuch meiner Ärztin auf meine Agenda. Mal sehen, was sie sagt.
Was mich aber am meisten erschreckt ist die momentane Unberechenbarkeit meines Körpers. Ganz ohne jegliche Vorankündigung durch Schmerz oder Taubheit versagt mein Bein seinen Dienst. Ich habe keine große Lust, noch mal das Pflaster zu küssen. Ich jammere nicht schnell und bin prinzipiell robust, aber das ist einfach nur fies. So, als latsche man fröhlich und beschwingt in luftleeren Raum, den man nicht sieht. Ich hätte bitte gern mein Bein zurück, und zwar ohne zusätzliche Schrammen...
Die Jeans blieben heil, die Knie und Hände nicht. Bagatelle - der Mitarbeiter am Postschalter versorgte mich mit Heftpflaster, und ich habe gutes Heilfleisch. Man sieht es kaum noch. Aber was zum Henker ist los mit meinem linken Bein?
Das macht, was es will, oder besser: Es macht gar nichts. Als es zum ersten Mal ohne nennenswertes Hindernis am Teppichboden hängenblieb, als sei es magnetisch, wertete ich das als Zufall und/oder kleinen Stolperer, der halt mal vorkommen kann. Dann passierte mir das auch bei der Arbeit: Vom Schreibtisch aufgestanden, drei Meter gegangen, mit dem linken Bein gebremst, ohne es zu wollen. Dann dieser Sturz. Gestern stand ich vom heimischen Sofa auf und bremste auf der Freifläche vorm Fernseher. Später dann noch mal am oberen Ende der Treppe (was ich extrem ungünstig finde!). Es hat offenbar keine Lust, zu laufen. Und entscheidet sich dann spontan dazu, es auch nicht zu tun.
Mir tut nichts weh. Vereinzelte "elektrische Schläge" führte meine Ärztin auf eine allenfalls leichte Ischialgie zurück, deshalb habe ich das nicht weiter bemerkenswert gefunden. Zumal sie auch irgendwann verschwanden. So etwas ignoriere ich gern. Leichte Schmerzen im Lendenwirbelbereich gehören eh irgendwie zum Leben. Der ganze Rummel ist auch kein Wunder, wenn man bedenkt, dass ich den größten Teil des Tages sitze. Aber jetzt, da neben diesen Zipperlein ein konkreter Körperteil die Arbeit verweigert, wenn auch zaghaft und unberechenbar, da geht mit mir das Kopfkino durch. Denn Erklärungen für diese Malfunktion gibt es allerhand. Von den meisten will ich eigentlich gar nichts wissen.
Die simpelste ist wahrscheinlich auch diejenige, die zutrifft. Ich kann nicht ordentlich sitzen. Ich verknote meine Beine in geradezu absurder Weise, und der Ausdruck "übereinanderschlagen" würde eine unzulässige Vereinfachung darstellen. Dass dabei natürlich allerhand Weichteile, Nerven und Muskeln auf ungünstige Weise gequetscht, gedrückt, verdreht und verzogen werden, ist mir bewusst. Wie erzieht man sich dazu, ergonomisch anständig zu sitzen? Allerhand lustige Ratgeber predigen 90°-Winkel hier und da und parallel aufgesetzte Füße.
Mein Körper sagt mir, dass das auf Dauer unbequem ist, auch wenn mein Kopf es besser weiß. Als langer Lulatsch bräuchte man ein vernünftiges Training der Rückenmuskulatur, um das durchzuhalten. Fitness-Studio ist teuer. Bei Verordnung einer vernünftigen, langfristigen Physiotherapie pissen sich die Ärzte an. Für die nächste Woche setze ich erst mal einen Besuch meiner Ärztin auf meine Agenda. Mal sehen, was sie sagt.
Was mich aber am meisten erschreckt ist die momentane Unberechenbarkeit meines Körpers. Ganz ohne jegliche Vorankündigung durch Schmerz oder Taubheit versagt mein Bein seinen Dienst. Ich habe keine große Lust, noch mal das Pflaster zu küssen. Ich jammere nicht schnell und bin prinzipiell robust, aber das ist einfach nur fies. So, als latsche man fröhlich und beschwingt in luftleeren Raum, den man nicht sieht. Ich hätte bitte gern mein Bein zurück, und zwar ohne zusätzliche Schrammen...
Montag, 5. September 2011
Tanz der Fledermäuse
Am 5. Sep 2011 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Es war wahrscheinlich der letzte laue Sommerabend, den es in diesem Jahr noch gab. Am Samstag bin ich noch einmal ohne Ärmel und in meinen heißgeliebten Zehensandalen herumgelaufen. Nach diesen warmen anderthalb Tagen liegt jetzt doch schon ein deutlicher Herbstgeruch in der Luft.
Es war ein irgendwie leichter Tag. Ich habe ein bisschen hier geräumt und ein bisschen da gewühlt, laut gesungen und tief geatmet. Noch einmal die Balken aus Nachmittagssonne im oberen Geschoss an der Wand, und man kann die Wärme riechen. Ich rieche so gern die Wärme oben unterm Dach.
Später dann in der Dämmerung hänge ich noch eine Ladung Wäsche auf (sie wird zukünftig zum Trocknen wieder Tage und Tage brauchen...). Der Nachthimmel ist tiefblau. In den Zweigen der Eichen, die das Grundstück säumen, hält sich ein gelber Sichelmond fest. Ich habe die letzten Klammern festgesteckt, da flattern schwarze Flügel über mir, und sie sind so schnell weg, wie sie gekommen sind, lautlos, verhuscht. Fledermäuse.
Das ist hier in dieser Gegend eigentlich nicht ungewöhnlich, aber ich war selten genug abends draußen. Und diesmal sind sie so nah am Haus! So nah über meinem Kopf, es sind vier, vielleicht fünf. Mehrere kleine, die manchmal zu zweit fliegen, umeinander herum wie verliebte Vögel. Manche sind richtig groß, die Flügelspanne wie meine beiden Handflächen zusammen.
Die Grillen zirpen. Ich stelle meinen Stuhl nah an die warme Hauswand, hole mir ein kühles Bier aus der Küche, lehne mich zurück und schaue ihnen zu, bis es zu dunkel wird.
Ich sauge mich noch mal voll mit diesen Gerüchen und Geräuschen, und als ich schließlich die hintere Tür hinter mir schließe, sage ich Adieu zum Sommer. Ein schöner Abschied.
Es war ein irgendwie leichter Tag. Ich habe ein bisschen hier geräumt und ein bisschen da gewühlt, laut gesungen und tief geatmet. Noch einmal die Balken aus Nachmittagssonne im oberen Geschoss an der Wand, und man kann die Wärme riechen. Ich rieche so gern die Wärme oben unterm Dach.
Später dann in der Dämmerung hänge ich noch eine Ladung Wäsche auf (sie wird zukünftig zum Trocknen wieder Tage und Tage brauchen...). Der Nachthimmel ist tiefblau. In den Zweigen der Eichen, die das Grundstück säumen, hält sich ein gelber Sichelmond fest. Ich habe die letzten Klammern festgesteckt, da flattern schwarze Flügel über mir, und sie sind so schnell weg, wie sie gekommen sind, lautlos, verhuscht. Fledermäuse.
Das ist hier in dieser Gegend eigentlich nicht ungewöhnlich, aber ich war selten genug abends draußen. Und diesmal sind sie so nah am Haus! So nah über meinem Kopf, es sind vier, vielleicht fünf. Mehrere kleine, die manchmal zu zweit fliegen, umeinander herum wie verliebte Vögel. Manche sind richtig groß, die Flügelspanne wie meine beiden Handflächen zusammen.
Die Grillen zirpen. Ich stelle meinen Stuhl nah an die warme Hauswand, hole mir ein kühles Bier aus der Küche, lehne mich zurück und schaue ihnen zu, bis es zu dunkel wird.
Ich sauge mich noch mal voll mit diesen Gerüchen und Geräuschen, und als ich schließlich die hintere Tür hinter mir schließe, sage ich Adieu zum Sommer. Ein schöner Abschied.
Donnerstag, 25. August 2011
Widerwärtig
Am 25. Aug 2011 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Was für beschissene Tage, vorgestern, gestern, heute. Allesamt zum in die Tonne treten. Morgens war mein Grundgefühl immer noch verführerisch entspannt und gelassen. Gestern sogar fast euphorisch. Irgendwann ertappte ich mich dann aber beim Zähneknirschen, die Kiefer fest aufeinandergepresst, den Nacken verspannt, die Stirn in Falten. Das alles ohne offensichtlichen Grund. Ich wurde innerlich immer aggressiver, und ich bin es bis jetzt. Alles geht mir auf den Geist, ich könnte jeden einzelnen meiner Kollegen handverlesen an die Wand klatschen. Das blöde Radio gleich dazu, damit endlich mal Ruhe ist und ich dieses unsägliche Gequäke nicht mehr ertragen muss.
Ich bin zittrig und angespannt. Alles fällt mir runter, Autoschlüssel, Haarklammern. Mit der Wimperntusche male ich mir das halbe Gesicht an, nur die Wimpern nicht. Meine Stiefel knicken beim Anziehen um und ich lege mich fast auf die Klappe. Und ich verachte mich zutiefst dafür, dass mir all diese rummeligen Kleinigkeiten schiefgehen. "Kannst Du überhaupt nichts?" gehässt mein Inneres. Und zugleich: "Wie kann man sich nur über solche blöden Kleinigkeiten aufregen?"
Gestern nacht dann auch noch Streit mit dem Gatten. Wegen Lappalien. Am Ende war der Schmerz über die eigenen Unzulänglichkeiten größer als jede Wut. Mal wieder bin ich zu blöd gewesen, deutlich zu sagen, dass ich in den Arm genommen werden möchte, dass ich mal klein sein dürfen will, mich anlehnen, anvertrauen. Ich erwarte, dass er das von selbst merkt und sieht, wie tief mein Tal ist und was ich brauche. Gleichzeitig bin ich wütend, dass er es nicht tut. Ich gehe zum Heulen ins Bad, weil ich mich nicht traue, in seiner Gegenwart diese widerlichen Geräusche aus meiner Kehle herauszulassen. Er kommt mir nach und fragt, was los ist. Ich stoße ihn zurück mit einem resignierten "Nichts!!", während meine Seele brüllt und sich nichts sehnlicher wünscht als seinen Trost.
Mal wieder habe ich mich gehasst dafür, dass die verf***** Depression ihre widerlichen Finger nach mir ausstreckt und mich in dieses Loch zieht. "Über diesen Punkt waren wir doch schon mal hinaus!!", gehässt mein Inneres, "Wieso latschst Du jetzt stumpf wieder in dieselbe Kacke?"
Irgendwann habe ich angefangen zu reden, und dann wurde es allmählich besser. Das einzige, was hilft ist, milde und freundlich zu mir zu sein. Die abartigen Gehässigkeiten, die ich permanent wie ein Trommelfeuer auf mich selbst abschieße, zu erkennen und aufzuhalten, bevor sie auftreffen. Mir wird klar, so ekelhaft wäre ich zu keinem anderen Menschen. Immerhin, ich will nicht mehr vor Züge treten, mich nicht mehr auslöschen. Ich weiß nur, dass ich so nicht mehr leben will, und ich schreie das heraus und werfe Gegenstände an die Wand und fluche. Aber ich werfe mich nicht mehr selbst.
Heute ist mir zum Kotzen. Mein Körper schmerzt, meine Lider sind wie Blei, ich schäme mich in Mark und Bein und bin nur noch müde. Immer noch leise die Stimme: "Wieso eigentlich? Du hast doch nichts! Stell Dich nicht an!" Ich fühle mich wie im Hamsterrad - tausende Umdrehungen habe ich hinter mich gebracht und trete doch auf der Stelle. Ich weiß, dass es nicht so ist, aber es fühlt sich so an. Manchmal wünsche ich mir die taube Leere von früher zurück, obwohl ich weiß, wie zerstörerisch sie ist.
Für heute bleibt das einzige Rezept, mich abzulenken. Ich besuche I. Sie versteht. Das weiß ich. Morgen bin ich dann nett zu mir.
Meine Musik des Tages:
Korn - Alone I Break
Ich bin zittrig und angespannt. Alles fällt mir runter, Autoschlüssel, Haarklammern. Mit der Wimperntusche male ich mir das halbe Gesicht an, nur die Wimpern nicht. Meine Stiefel knicken beim Anziehen um und ich lege mich fast auf die Klappe. Und ich verachte mich zutiefst dafür, dass mir all diese rummeligen Kleinigkeiten schiefgehen. "Kannst Du überhaupt nichts?" gehässt mein Inneres. Und zugleich: "Wie kann man sich nur über solche blöden Kleinigkeiten aufregen?"
Gestern nacht dann auch noch Streit mit dem Gatten. Wegen Lappalien. Am Ende war der Schmerz über die eigenen Unzulänglichkeiten größer als jede Wut. Mal wieder bin ich zu blöd gewesen, deutlich zu sagen, dass ich in den Arm genommen werden möchte, dass ich mal klein sein dürfen will, mich anlehnen, anvertrauen. Ich erwarte, dass er das von selbst merkt und sieht, wie tief mein Tal ist und was ich brauche. Gleichzeitig bin ich wütend, dass er es nicht tut. Ich gehe zum Heulen ins Bad, weil ich mich nicht traue, in seiner Gegenwart diese widerlichen Geräusche aus meiner Kehle herauszulassen. Er kommt mir nach und fragt, was los ist. Ich stoße ihn zurück mit einem resignierten "Nichts!!", während meine Seele brüllt und sich nichts sehnlicher wünscht als seinen Trost.
Mal wieder habe ich mich gehasst dafür, dass die verf***** Depression ihre widerlichen Finger nach mir ausstreckt und mich in dieses Loch zieht. "Über diesen Punkt waren wir doch schon mal hinaus!!", gehässt mein Inneres, "Wieso latschst Du jetzt stumpf wieder in dieselbe Kacke?"
Irgendwann habe ich angefangen zu reden, und dann wurde es allmählich besser. Das einzige, was hilft ist, milde und freundlich zu mir zu sein. Die abartigen Gehässigkeiten, die ich permanent wie ein Trommelfeuer auf mich selbst abschieße, zu erkennen und aufzuhalten, bevor sie auftreffen. Mir wird klar, so ekelhaft wäre ich zu keinem anderen Menschen. Immerhin, ich will nicht mehr vor Züge treten, mich nicht mehr auslöschen. Ich weiß nur, dass ich so nicht mehr leben will, und ich schreie das heraus und werfe Gegenstände an die Wand und fluche. Aber ich werfe mich nicht mehr selbst.
Heute ist mir zum Kotzen. Mein Körper schmerzt, meine Lider sind wie Blei, ich schäme mich in Mark und Bein und bin nur noch müde. Immer noch leise die Stimme: "Wieso eigentlich? Du hast doch nichts! Stell Dich nicht an!" Ich fühle mich wie im Hamsterrad - tausende Umdrehungen habe ich hinter mich gebracht und trete doch auf der Stelle. Ich weiß, dass es nicht so ist, aber es fühlt sich so an. Manchmal wünsche ich mir die taube Leere von früher zurück, obwohl ich weiß, wie zerstörerisch sie ist.
Für heute bleibt das einzige Rezept, mich abzulenken. Ich besuche I. Sie versteht. Das weiß ich. Morgen bin ich dann nett zu mir.
Meine Musik des Tages:
Korn - Alone I Break
Dienstag, 23. August 2011
Misstrauensreflex
Am 23. Aug 2011 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Gestern abend klingelte mein Telefon. Im Display eine Nummer, die mir vage bekannt vorkam, die ich aber nicht ohne weiteres zuordnen konnte. Am anderen Ende der Leitung war G., eine Freundin meiner Eltern, die ich selbst auch schon lange kenne und mit der ich mich sehr gut verstehe. Vor längerer Zeit kam sie regelmäßig zu mir, um sich gemeinsam mit meiner Mutter ein wenig Englisch von mir beibringen zu lassen.
Sie fragte mich, ob ich nicht einmal Lust auf ein Treffen hätte, irgendwo Kaffee trinken, ein bisschen quatschen. Ich sagte freudig zu. Sie ist eine fröhliche, offene und lebensbejahende Person, mit der sich sehr angenehm die Zeit verbringen lässt. Wir vereinbarten einen Termin, und ich freue mich auch sehr darauf.
Als ich dann aber aufgelegt hatte, schlichen sich plötzlich Fragen in meinen Kopf. Warum hat sie genau jetzt angerufen, nach so langer Zeit? Könnten meine Eltern sie gebeten haben, sich mit mir zu treffen, um endlich mal wieder Informationen aus erster Hand über mich zu erhalten? Meint sie es wirklich ehrlich mit mir? Wie Gift mischen sich diese Gedanken in meine heitere Erwartung und die Freude darüber, dass sich G. an mich erinnert hat und sich mit mir treffen will. Schwarze Tinte, die sich in einem Glas mit klarem, kühlem Wasser ausbreitet.
Natürlich werde ich sie treffen, und ich möchte das auch genießen. Ich werde mich über diese albernen Verschwörungsgedanken hinwegsetzen und das Beste annehmen. Was mich sehr erschüttert ist, wie tief und nachhaltig mein Misstrauen ist. Die Tatsache, dass ich meinen Eltern nicht so weit traue, wie ich sie werfen kann, färbt auch auf die Menschen in ihrem Umfeld ab. Aber was bedeutet das für mich? Mit welcher Berechtigung habe ich so ein mieses Bild von G.? Schade ich nicht in erster Linie mir selbst, indem ich immer und immer wieder die Motive der Menschen hinterfrage, mit denen ich zusammentreffe? Indem ich nicht mit Solidarität und aufrichtiger Freundlichkeit rechne, sondern mit Fallstricken, Hintertüren und Falschheiten?
Ich möchte gern die Erfahrung machen, dass Menschen anders sind, und ich mache sie auch. Kann es immerhin inzwischen.
G. ist eigentlich kein Mensch, der sich von anderen instrumentalisieren lässt. Vielleicht wird sie mich fragen, wie es mir im Bezug auf meine Eltern geht. Aber ich glaube, ich werde es schon spüren können, ob sie das aus echtem Interesse tut oder weil sie dazu instruiert wurde. Möglich auch, dass ich die Macht meiner Eltern nach wie vor maßlos überschätze und ihre Maßstäbe für allgemeingültiger halte, als sie tatsächlich sind.
Selten war ich versessener darauf, mich von der Wirklichkeit eines Besseren belehren zu lassen.
Sie fragte mich, ob ich nicht einmal Lust auf ein Treffen hätte, irgendwo Kaffee trinken, ein bisschen quatschen. Ich sagte freudig zu. Sie ist eine fröhliche, offene und lebensbejahende Person, mit der sich sehr angenehm die Zeit verbringen lässt. Wir vereinbarten einen Termin, und ich freue mich auch sehr darauf.
Als ich dann aber aufgelegt hatte, schlichen sich plötzlich Fragen in meinen Kopf. Warum hat sie genau jetzt angerufen, nach so langer Zeit? Könnten meine Eltern sie gebeten haben, sich mit mir zu treffen, um endlich mal wieder Informationen aus erster Hand über mich zu erhalten? Meint sie es wirklich ehrlich mit mir? Wie Gift mischen sich diese Gedanken in meine heitere Erwartung und die Freude darüber, dass sich G. an mich erinnert hat und sich mit mir treffen will. Schwarze Tinte, die sich in einem Glas mit klarem, kühlem Wasser ausbreitet.
Natürlich werde ich sie treffen, und ich möchte das auch genießen. Ich werde mich über diese albernen Verschwörungsgedanken hinwegsetzen und das Beste annehmen. Was mich sehr erschüttert ist, wie tief und nachhaltig mein Misstrauen ist. Die Tatsache, dass ich meinen Eltern nicht so weit traue, wie ich sie werfen kann, färbt auch auf die Menschen in ihrem Umfeld ab. Aber was bedeutet das für mich? Mit welcher Berechtigung habe ich so ein mieses Bild von G.? Schade ich nicht in erster Linie mir selbst, indem ich immer und immer wieder die Motive der Menschen hinterfrage, mit denen ich zusammentreffe? Indem ich nicht mit Solidarität und aufrichtiger Freundlichkeit rechne, sondern mit Fallstricken, Hintertüren und Falschheiten?
Ich möchte gern die Erfahrung machen, dass Menschen anders sind, und ich mache sie auch. Kann es immerhin inzwischen.
G. ist eigentlich kein Mensch, der sich von anderen instrumentalisieren lässt. Vielleicht wird sie mich fragen, wie es mir im Bezug auf meine Eltern geht. Aber ich glaube, ich werde es schon spüren können, ob sie das aus echtem Interesse tut oder weil sie dazu instruiert wurde. Möglich auch, dass ich die Macht meiner Eltern nach wie vor maßlos überschätze und ihre Maßstäbe für allgemeingültiger halte, als sie tatsächlich sind.
Selten war ich versessener darauf, mich von der Wirklichkeit eines Besseren belehren zu lassen.
Donnerstag, 28. Juli 2011
Mehr als ich hören kann
Am 28. Jul 2011 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Was für Welten doch zwischen Musik und Musik liegen. Täglich werde ich im Büro beschallt, und ich kann sie wirklich nicht mehr hören, die Duffies und Beth Dittos, Caro Emeralds und Dragonettes, die Beyoncés und Pinks dieser Welt. Das immer gleiche einfallslose Gedudel wird bis zum Erbrechen widergekäut, und freiwillig käme ich nicht auf die Idee, mir so etwas anzutun. Die geringe stimmliche Varianz der vor sich hinquäkenden Pop-Weibchen, das Gejammer und Gejaule, die tongewordenen, mit eh-ohs und yeahs und uhs gespickten Langweiligkeiten, all die Texte ohne Aussage, die für "gute Laune" sorgen sollten, kotzen mich einfach nur an. Sogar die ehemals (allerdings in einer anderen Lebensphase) heißgeliebten Chili Peppers schossen sich mit ihrem jüngsten (wenn auch nicht mehr gar so jungen) Album schwungvoll in die seichten Pfützen der Popwelt und sind seitdem nicht mehr daraus aufgetaucht. Ich empfinde solche Musik, die eigentlich den Namen nicht einmal verdient, als Zumutung - sie vermatscht das Gehirn.
Dabei muss es nicht unbedingt Hochanspruchsvolles sein, das ich in meine Ohren lassen mag. Ich mag auch ganz zurückgelehnte Sachen, sogar ab und an Pop. Mich darüber zu erheben wäre arrogant, denn irgendwie ist manches ja schon in dem Moment Pop, wenn es von einer größeren Gruppe Menschen gehört werden mag. Und so staune ich, in welchem Ausmaß mir Musik eigentlich Gänsehaut über die Arme jagen kann - manche Titel schon nach ein paar Akkorden, manche erst nach längerem Hören. Eine solche Perle rollte mir beispielsweise zufällig mit dem stillen Titel "re: Stacks" von Bon Iver über den Weg, reifte mit jedem Hören nach, der Text mit all seinen Symbolismen (sicher nicht jedermanns Sache) griff nach meinem Innern und ließ mich nicht mehr los. So fand er auch einen Ehrenplatz auf meinem jüngsten Tape.
Zu bespielen wäre noch die B-Seite, und weil auf der A-Seite nur männliche Stimmen zu finden sind (die den größeren Anteil in meiner Musiksammlung ausmachen, weil sie angenehmerweise zu deutlich weniger Kitsch, Quietsch und Zuckersüßlichkeit neigen), sollten diesmal die Frauen dran sein. Verliebt habe ich mich in Vienna Tengs großartig kraftvolle Akustikversion von "Antebellum" und Bird York mit dem doch erheblich ruhigeren und sehr eingängigen "In the deep", aber es fehlt der Kitt und die Verbindung zwischen den Songs. Sauschwer, was zu finden, was nicht wieder in die Belanglosigkeit abgleitet und die Balance schafft zwischen sich überschlagendem Gekiekse und zuckrigem Herzschmerz-Hauchen.
Mein letzter Hörausflug auf "Gooveshark" blieb irgendwo bei Katja Werker hängen (aber leider hat die Fernsehwerbung dieses "You take me away" von ihr so überstrapaziert, dass ich ihre eigentlich einmalige, leicht kratzige Stimme nur noch damit assoziere...). Sie ist noch nicht vom Tisch. Aber gegen abend war ich so frustriert von vielversprechend beginnenden Songs, die sich durch schmalzige Refrains, lahme Texte und eingestreute Glöckchen, Zimbeln und synthetische Drums disqualifizierten, dass ich es aufgegeben habe. Es war mehr da, als ich hören konnte, und mehr als ich hören wollte. Komplizierte Sache, so ein Tape.
Tipps willkommen. Alldieweil höre ich die A-Seite.
Meine Musik des Tages:
Bon Iver - re: Stacks
Dabei muss es nicht unbedingt Hochanspruchsvolles sein, das ich in meine Ohren lassen mag. Ich mag auch ganz zurückgelehnte Sachen, sogar ab und an Pop. Mich darüber zu erheben wäre arrogant, denn irgendwie ist manches ja schon in dem Moment Pop, wenn es von einer größeren Gruppe Menschen gehört werden mag. Und so staune ich, in welchem Ausmaß mir Musik eigentlich Gänsehaut über die Arme jagen kann - manche Titel schon nach ein paar Akkorden, manche erst nach längerem Hören. Eine solche Perle rollte mir beispielsweise zufällig mit dem stillen Titel "re: Stacks" von Bon Iver über den Weg, reifte mit jedem Hören nach, der Text mit all seinen Symbolismen (sicher nicht jedermanns Sache) griff nach meinem Innern und ließ mich nicht mehr los. So fand er auch einen Ehrenplatz auf meinem jüngsten Tape.
Zu bespielen wäre noch die B-Seite, und weil auf der A-Seite nur männliche Stimmen zu finden sind (die den größeren Anteil in meiner Musiksammlung ausmachen, weil sie angenehmerweise zu deutlich weniger Kitsch, Quietsch und Zuckersüßlichkeit neigen), sollten diesmal die Frauen dran sein. Verliebt habe ich mich in Vienna Tengs großartig kraftvolle Akustikversion von "Antebellum" und Bird York mit dem doch erheblich ruhigeren und sehr eingängigen "In the deep", aber es fehlt der Kitt und die Verbindung zwischen den Songs. Sauschwer, was zu finden, was nicht wieder in die Belanglosigkeit abgleitet und die Balance schafft zwischen sich überschlagendem Gekiekse und zuckrigem Herzschmerz-Hauchen.
Mein letzter Hörausflug auf "Gooveshark" blieb irgendwo bei Katja Werker hängen (aber leider hat die Fernsehwerbung dieses "You take me away" von ihr so überstrapaziert, dass ich ihre eigentlich einmalige, leicht kratzige Stimme nur noch damit assoziere...). Sie ist noch nicht vom Tisch. Aber gegen abend war ich so frustriert von vielversprechend beginnenden Songs, die sich durch schmalzige Refrains, lahme Texte und eingestreute Glöckchen, Zimbeln und synthetische Drums disqualifizierten, dass ich es aufgegeben habe. Es war mehr da, als ich hören konnte, und mehr als ich hören wollte. Komplizierte Sache, so ein Tape.
Tipps willkommen. Alldieweil höre ich die A-Seite.
Meine Musik des Tages:
Bon Iver - re: Stacks
Mittwoch, 1. Juni 2011
up 'n' away
Am 1. Jun 2011 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Ich nehme meinen Hut - für 14 Tage.
Kehre dem grauen Alltag den Rücken. Griesgrämigen oder ironischen Kollegen. Dem eingeschliffenen Rhythmus. Den immer gleichen Wänden.
Ich lasse mich ganz umweltunverträglich durch den europäischen Luftraum liften, verschont von EHEC und Aschewolke, und werde ein paar neue Impressionen einfangen, neue Bilder machen, neue Gedanken sammeln, neue Töne hören, Ruhe finden. Zeit verbringen, Zeit genießen, Zeit teilen mit Menschen, die ich liebe.
Bis dahin.
Kehre dem grauen Alltag den Rücken. Griesgrämigen oder ironischen Kollegen. Dem eingeschliffenen Rhythmus. Den immer gleichen Wänden.
Ich lasse mich ganz umweltunverträglich durch den europäischen Luftraum liften, verschont von EHEC und Aschewolke, und werde ein paar neue Impressionen einfangen, neue Bilder machen, neue Gedanken sammeln, neue Töne hören, Ruhe finden. Zeit verbringen, Zeit genießen, Zeit teilen mit Menschen, die ich liebe.
Bis dahin.
Sonntag, 22. Mai 2011
Kein Monster unter dem Bett
Am 22. Mai 2011 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Gestern war ein strahlender, sonniger Tag. Der Gatte und ich fuhren mit leicht geöffneten Fenstern, Sonnenbrillen auf der Nase und lauter Musik mit dem Auto in den Ort meiner Kindheit. Wir waren gut gelaunt, fast euphorisch, aufgekratzt und haben gelacht. Der Mann meiner Cousine hatte zu einer Gartenparty geladen, Anlass war sein fünfzigster Geburtstag.
So habe ich mir das nicht vorgestellt. Schon während der Abfahrt über die Landstraße durch frühsommerliche Kornfelder waren wir so frei, gelassen und entspannt wie selten zuvor. Und das, obwohl auch mein Mann morgens noch im Bad gestand: "Du, ich hab' zum ersten Mal seit längerem auch wieder von Deinem Vater geträumt!" Es war glasklar, dass auch meine Eltern auf dieser Party sein würden. Dennoch hatte ich beschlossen, hinzufahren. Auch indirekt schreibt mir niemand mehr vor, wo ich mich blicken lasse und wo nicht. Und ich wusste (und spürte es dann auch vor Ort): Meine Cousine und ihre Familie würden sich freuen, wenn wir kämen. Nichts anderes zählte.
Wir wurden mit herzlichen Umarmungen begrüsst, uns wurde gleich etwas zu Essen und Trinken vorgesetzt und wir waren willkommen. Ehrlich und aufrichtig willkommen. Keine Spur von den Vorwürfen, Schuldgefühlen und dem großen "Aber...!", die ich aus meiner Herkunftsfamilie kenne. Statt dessen war in jedem Wort, jeder Geste Liebe und Wertschätzung enthalten. Ich frage mich schon beinahe, wer denn hier wohl eigentlich Geburtstag hatte.
Schließlich saßen wir im Zelt, der Gemahl und ich, vor unseren leergegessenen Tellern, da tauchten meine Eltern aus dem hinteren Teil des Gartens auf. Meine Mutter konnte nicht umhin, mich zu umarmen. Zum Glück ließ sie irgendwann auch wieder los. Mein Vater streckte mir die Hand hin, mit bettelndem Blick, und wollte die meine auch nicht loslassen, sondern mich in eine Umarmung hineinziehen, ganz ähnlich, wie es meine Mutter getan hatte. Ich ließ ihn nicht, der Widerwille war zu groß. Er setzte sich mir gegenüber auf die Bierbank, immer wieder den Blick suchend, und ich weigerte mich, ihn zu erwidern. Der Jüngste meiner Cousine kam mit einer Flasche Schnaps und goss ein. Mein Vater legte den Kopf schief und fragte: "Na, trinkste einen zusammen mit mir?" "Wenn sich's nicht vermeiden lässt...!" antwortete ich und schluckte den Alkohol. Keine Lust, so zu tun, als sei alles in bester Ordnung, als hätten wir uns erst gestern gesehen und als sei alles "wie früher". Ich ging mein Glas auffüllen. Als ich wiederkam, hatte mein Vater es begriffen und sich umgesetzt und textete anstatt mich meinen armen Gatten zu.
Mein persönliches Glück dieses Tages lag in der vollkommenen Abwesenheit von Angst. Abscheu habe ich gefühlt, ja. Widerwillen, ja. Tiefe Antipathie gegen diesen Mann, der sich so hartnäckig weigert, erwachsen und ein anderer zu werden. Aber auch die Gewissheit, dass ich eine andere geworden bin. Dass mir dieser Mann keine Panik mehr einjagt. Dass genügend Menschen um mich herum sind, die mich stärken und die mich schätzen, ohne dass ich dafür Bedingungen erfüllen muss.
Ich habe keinen Vater mehr. Der Mann, von dem ich mir in meinem Leben mehr als alles andere Liebe, Anerkennung und Respekt erhofft habe, ist endgültig tot. Der Mann, von dem meine Existenz vollkommen abhing, ist tot. Der Mann, der schlug, schrie und missbrauchte, spielt in meinem Leben keine Rolle mehr, weil ich ihn aussperren und dafür sorgen kann, dass er mich niemals mehr verletzt. Ich habe ihn deutlich geschrumpft. Ich habe an diesem Abend nicht einmal gedanklich etwas mit ins Bett genommen, was mich an ihm ärgerte. Ich habe nur festgestellt, er ist immer noch derselbe. Mein Vater ist er nicht mehr - nur der Mensch, der mich zufällig gezeugt hat. Keine Schwere, keine Verzweiflung mehr in meinem Herzen, allenfalls noch eine gesunde Portion Wut, die sich ausgezeichnet zur Wahrung meiner Grenzen verwenden lässt, mich aber nicht mehr auffrisst. Mein Leben ist wirklich ein besseres ohne ihn.
So habe ich mir das nicht vorgestellt. Schon während der Abfahrt über die Landstraße durch frühsommerliche Kornfelder waren wir so frei, gelassen und entspannt wie selten zuvor. Und das, obwohl auch mein Mann morgens noch im Bad gestand: "Du, ich hab' zum ersten Mal seit längerem auch wieder von Deinem Vater geträumt!" Es war glasklar, dass auch meine Eltern auf dieser Party sein würden. Dennoch hatte ich beschlossen, hinzufahren. Auch indirekt schreibt mir niemand mehr vor, wo ich mich blicken lasse und wo nicht. Und ich wusste (und spürte es dann auch vor Ort): Meine Cousine und ihre Familie würden sich freuen, wenn wir kämen. Nichts anderes zählte.
Wir wurden mit herzlichen Umarmungen begrüsst, uns wurde gleich etwas zu Essen und Trinken vorgesetzt und wir waren willkommen. Ehrlich und aufrichtig willkommen. Keine Spur von den Vorwürfen, Schuldgefühlen und dem großen "Aber...!", die ich aus meiner Herkunftsfamilie kenne. Statt dessen war in jedem Wort, jeder Geste Liebe und Wertschätzung enthalten. Ich frage mich schon beinahe, wer denn hier wohl eigentlich Geburtstag hatte.
Schließlich saßen wir im Zelt, der Gemahl und ich, vor unseren leergegessenen Tellern, da tauchten meine Eltern aus dem hinteren Teil des Gartens auf. Meine Mutter konnte nicht umhin, mich zu umarmen. Zum Glück ließ sie irgendwann auch wieder los. Mein Vater streckte mir die Hand hin, mit bettelndem Blick, und wollte die meine auch nicht loslassen, sondern mich in eine Umarmung hineinziehen, ganz ähnlich, wie es meine Mutter getan hatte. Ich ließ ihn nicht, der Widerwille war zu groß. Er setzte sich mir gegenüber auf die Bierbank, immer wieder den Blick suchend, und ich weigerte mich, ihn zu erwidern. Der Jüngste meiner Cousine kam mit einer Flasche Schnaps und goss ein. Mein Vater legte den Kopf schief und fragte: "Na, trinkste einen zusammen mit mir?" "Wenn sich's nicht vermeiden lässt...!" antwortete ich und schluckte den Alkohol. Keine Lust, so zu tun, als sei alles in bester Ordnung, als hätten wir uns erst gestern gesehen und als sei alles "wie früher". Ich ging mein Glas auffüllen. Als ich wiederkam, hatte mein Vater es begriffen und sich umgesetzt und textete anstatt mich meinen armen Gatten zu.
Mein persönliches Glück dieses Tages lag in der vollkommenen Abwesenheit von Angst. Abscheu habe ich gefühlt, ja. Widerwillen, ja. Tiefe Antipathie gegen diesen Mann, der sich so hartnäckig weigert, erwachsen und ein anderer zu werden. Aber auch die Gewissheit, dass ich eine andere geworden bin. Dass mir dieser Mann keine Panik mehr einjagt. Dass genügend Menschen um mich herum sind, die mich stärken und die mich schätzen, ohne dass ich dafür Bedingungen erfüllen muss.
Ich habe keinen Vater mehr. Der Mann, von dem ich mir in meinem Leben mehr als alles andere Liebe, Anerkennung und Respekt erhofft habe, ist endgültig tot. Der Mann, von dem meine Existenz vollkommen abhing, ist tot. Der Mann, der schlug, schrie und missbrauchte, spielt in meinem Leben keine Rolle mehr, weil ich ihn aussperren und dafür sorgen kann, dass er mich niemals mehr verletzt. Ich habe ihn deutlich geschrumpft. Ich habe an diesem Abend nicht einmal gedanklich etwas mit ins Bett genommen, was mich an ihm ärgerte. Ich habe nur festgestellt, er ist immer noch derselbe. Mein Vater ist er nicht mehr - nur der Mensch, der mich zufällig gezeugt hat. Keine Schwere, keine Verzweiflung mehr in meinem Herzen, allenfalls noch eine gesunde Portion Wut, die sich ausgezeichnet zur Wahrung meiner Grenzen verwenden lässt, mich aber nicht mehr auffrisst. Mein Leben ist wirklich ein besseres ohne ihn.
Donnerstag, 5. Mai 2011
Erkenntnis der Woche
Am 5. Mai 2011 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Was als Beleidigung gemeint sein mag, kann aus dem Munde manches Menschen ein echtes Kompliment sein.
Vorfreude
Am 5. Mai 2011 im Topic 'Hoch- und Niedrigwasser'
Noch ein Monat. Dann geht es zum ersten Mal seit Jahren (gefühlten Jahrzehnten) endlich wieder in den Sommerurlaub. Zwei Wochen Ibiza, Ferienwohnung mit lieben Freunden, Entspannung pur. Und die Opening-Party des "Amnesia" mit Paul Kalkbrenner. Ich freu mich.
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