Volks-Verdummung
Am 26. Feb 2010 im Topic 'Deckschrubben'
Wann hat sich eigentlich die Unsitte eingeschlichen, dass alle möglichen Produzenten aller möglichen Produkte für dieselben (in Kooperation mit Deutschlands meistfrequentierter Boulevardzeitung) mit dem Slogan "Volks-" Irgendwas werben?
Neulich stolperte ich über einen Spot, der für Melissengeist warb, und das doch allen Ernstes mit dem Prädikat "Volks-Arznei". Ah... ja! Wahrscheinlich soll damit die Nähe zum lediglich schmal betuchten Endverbraucher hergestellt werden. Ich sehe schon vor meinem geistigen Auge lauter glückliche Konsumenten, die strahlend und gänzlich ungebeugt von den sonst so quälenden Zipperlein mit Kräuterextrakt-Flaschen durch die Straßen wandeln. Ganz ohne jegliche Spur von Rheumatismus. Wir gehen in diesem Land definitiv besseren Zeiten entgegen, seit es auch "Volks-Arzneien" gibt.
Dabei war ja schon die "Volks-Zahnbürste" ein Knüller, suggerierte sie doch dem Konsumenten, dass er sich um seine Zahngesundheit fürderhin keine Sorgen mehr machen müsse. Schließlich käme ja mit der "Volks-Zahnbürste" ein Produkt auf den Markt, das endlich, endlich mit der Klassengesellschaft in Sachen Zahnpflege aufräume und die bislang neureichen Yuppies vorbehaltene elektrische Zahnbürste aus ihrem Enklaven-Dasein in Designer-Badezimmern befreite. Jetzt können sich - "Volks-Zahnbürste" sei Dank - auch Enrico, Cindy und Schantalle ordentlich die Zähne putzen.
Ach ja, und dann gab's da noch die "Volks-Waschmaschine" und das "Volks-Fahrrad". Alles das bekommt dann noch ein hübsches schwarz-rot-weißes Logo mit hohem Wiedererkennungswert. "Wie hübsch", wird sich manch einer denken, "endlich denkt auch mal einer an mich!" Denn das ist es ja, was den Standard-Stammtischsitzer am meisten auf die Palme bringt: Das Gefühl, permanent vernachlässigt und verkannt zu werden. Volkes vermeintliche Stimme, das besagte Boulevard-Blatt, greift diese Tendenz zugegebenermaßen nicht ganz ungeschickt auf und vermittelt dem - natürlich ständig zu kurz gekommenen - Leser: "Hier ist was, das ist tatsächlich für Dich! Für Dich, der Du Dir nicht einfach alles leisten kannst, machen wir, die An-Dich-Denker, Produkte erschwinglich! Wir sind Dir nah, wir verstehen Dich! Komm kuscheln, armer Wurm!" Da kriegt man doch unverzögert das Gefühl von Bodenständigkeit, gutem deutschen Handwerk und sicheren Werten. Jawoll, wir sind wieder wer...!!
Dass die mit dem "Volks-" Prädikat versehenen und beworbenen Produkte genau derselbe Krempel sind, der auch sonst ganz normal im Laden verkauft wird, spielt dabei keine Rolle. Spielt auch keine Rolle, wer das herstellt, wo und unter welchen Bedingungen. Schon gar keine Rolle spielt es, ob man das wirklich braucht. Wer soll da schon widerstehen, wenn einem so liebevoll die Hand hingereicht wird. Ja, Mensch, da schert sich nochmal jemand um die Volks-Gesundheit. Um meine Zahngesundheit, mein körperliches Wohlbefinden, meine porentiefe Reinheit. Leute!! Das ist doch toll!!
Ich bin dann gleich mal weg, einkaufen. Ich streife mir meinen Volks-Parka über, spanne den Volks-Schirm auf und stiefele los. Packe mir Volkskekse und Volks-Knäckebrot und Volks-Äpfel in meinen Einkaufswagen, und wenn ich wieder zuhause bin, überbacke ich mir in meinem Volks-Backofen einen Toast Hawaii mit echter Volks-Ananas (ist ja sooo schön exotisch). Und abendlich setze ich mich dann vor meinen Volksempfänger und höre ein bisschen Deutschlandradio.
Wer sich das Besondere nicht leisten kann, dem biete das Banale als etwas Besonderes an...! Kerniger lässt sich Marketing fürs Volk wohl kaum betreiben.
Neulich stolperte ich über einen Spot, der für Melissengeist warb, und das doch allen Ernstes mit dem Prädikat "Volks-Arznei". Ah... ja! Wahrscheinlich soll damit die Nähe zum lediglich schmal betuchten Endverbraucher hergestellt werden. Ich sehe schon vor meinem geistigen Auge lauter glückliche Konsumenten, die strahlend und gänzlich ungebeugt von den sonst so quälenden Zipperlein mit Kräuterextrakt-Flaschen durch die Straßen wandeln. Ganz ohne jegliche Spur von Rheumatismus. Wir gehen in diesem Land definitiv besseren Zeiten entgegen, seit es auch "Volks-Arzneien" gibt.
Dabei war ja schon die "Volks-Zahnbürste" ein Knüller, suggerierte sie doch dem Konsumenten, dass er sich um seine Zahngesundheit fürderhin keine Sorgen mehr machen müsse. Schließlich käme ja mit der "Volks-Zahnbürste" ein Produkt auf den Markt, das endlich, endlich mit der Klassengesellschaft in Sachen Zahnpflege aufräume und die bislang neureichen Yuppies vorbehaltene elektrische Zahnbürste aus ihrem Enklaven-Dasein in Designer-Badezimmern befreite. Jetzt können sich - "Volks-Zahnbürste" sei Dank - auch Enrico, Cindy und Schantalle ordentlich die Zähne putzen.
Ach ja, und dann gab's da noch die "Volks-Waschmaschine" und das "Volks-Fahrrad". Alles das bekommt dann noch ein hübsches schwarz-rot-weißes Logo mit hohem Wiedererkennungswert. "Wie hübsch", wird sich manch einer denken, "endlich denkt auch mal einer an mich!" Denn das ist es ja, was den Standard-Stammtischsitzer am meisten auf die Palme bringt: Das Gefühl, permanent vernachlässigt und verkannt zu werden. Volkes vermeintliche Stimme, das besagte Boulevard-Blatt, greift diese Tendenz zugegebenermaßen nicht ganz ungeschickt auf und vermittelt dem - natürlich ständig zu kurz gekommenen - Leser: "Hier ist was, das ist tatsächlich für Dich! Für Dich, der Du Dir nicht einfach alles leisten kannst, machen wir, die An-Dich-Denker, Produkte erschwinglich! Wir sind Dir nah, wir verstehen Dich! Komm kuscheln, armer Wurm!" Da kriegt man doch unverzögert das Gefühl von Bodenständigkeit, gutem deutschen Handwerk und sicheren Werten. Jawoll, wir sind wieder wer...!!
Dass die mit dem "Volks-" Prädikat versehenen und beworbenen Produkte genau derselbe Krempel sind, der auch sonst ganz normal im Laden verkauft wird, spielt dabei keine Rolle. Spielt auch keine Rolle, wer das herstellt, wo und unter welchen Bedingungen. Schon gar keine Rolle spielt es, ob man das wirklich braucht. Wer soll da schon widerstehen, wenn einem so liebevoll die Hand hingereicht wird. Ja, Mensch, da schert sich nochmal jemand um die Volks-Gesundheit. Um meine Zahngesundheit, mein körperliches Wohlbefinden, meine porentiefe Reinheit. Leute!! Das ist doch toll!!
Ich bin dann gleich mal weg, einkaufen. Ich streife mir meinen Volks-Parka über, spanne den Volks-Schirm auf und stiefele los. Packe mir Volkskekse und Volks-Knäckebrot und Volks-Äpfel in meinen Einkaufswagen, und wenn ich wieder zuhause bin, überbacke ich mir in meinem Volks-Backofen einen Toast Hawaii mit echter Volks-Ananas (ist ja sooo schön exotisch). Und abendlich setze ich mich dann vor meinen Volksempfänger und höre ein bisschen Deutschlandradio.
Wer sich das Besondere nicht leisten kann, dem biete das Banale als etwas Besonderes an...! Kerniger lässt sich Marketing fürs Volk wohl kaum betreiben.